Nachdem der erste Tag der „ApoCon“ in Coburg dann rum war und mich Christian auf seiner traumhaft bequemen Couch schlafen ließ, ging es Samstagvormittag bereits weiter. 10 Uhr begann die erste der an diesem Tag dreimal stattfindenden Spieleverteilungen. Ich meldete mich an für einen Workshop zum Thema „Leiten auf Spieletreffs/Cons“. Dieser sollte sich mit den spezifischen Besonderheiten des RPG-Leitens auf Spieletreffs/Cons befassen, mit der Abenteuer- und Spielweltgestaltung, mit Problemspielern und auch mit der Zeitplanung. Als Dozent referierte niemand Geringeres als der FiS-Vorstand und langjährige Rollenspieler Christian Röblitz, von allen und von sich selbst nur „Keule“ genannt. Ich habe mal versucht, die zahlreichen Infos des bis zum Nachmittag gehenden Workshops stichpunkartig zusammenzufassen: Allgemeines:
- Es gibt einen großen Unterschied, ob man als Spielleiter daheim in seiner etablierten Gruppe leitet oder auf einer Con in einer fremden Umgebung mit fremden Leuten. - Der Spielleiter hat in 90% der Fälle das letzte Wort, sollte sich dabei aber an die Regeln halten. Hausregeln sind zu vermeiden oder vorher groß anzukündigen. - Nach Abenteuer nach konstruktiver Kritik fragen und sie auch annehmen.
Gruppendynamik/Problemspieler:
- Vor der Runde sollte man sich die Spielcharaktere anschauen, ob sie z.B. im XP-Limit sind oder ob die SC-Konstellation ein harmonisches Spiel erlaubt (z.B. wenn alle anderen SC Elfen abgrundtief hassen, sollte lieber kein Elf in der Gruppe mitspielen). - Keinen Spieler bevorzugen, sondern versuchen auch passive/stille Spieler stets mit einzubeziehen. - Man sollte als Spielleiter keine Angst / keine Scheu davor haben, auch mal Spieler abzulehnen. Wenn Spieler absichtlich den Plot zerstören oder andere Spieler behindern, diese nach Warnung aus Gruppe entfernen.
Zeitplanung:
- Zeit raffen, indem der Spielleiter Szenen selbst beschreibt und Plot-Events auslöst. Wenn Spieler ungenaue Angaben machen (z.B. „Ich setze mich an einen Tisch“ anstatt „Ich setze direkt in die schummrige Ecke neben dem Eingang der Damentoilette“), kann Spielleiter die Spielcharaktere an für den Plot günstige Stellen setzen - Zur Vorbereitung sollte Spielleiter einen Abenteuerzeitplan aufschreiben (Wann will ich welches Ereignis erreicht haben?) - Ausführliche Einführung kostet Zeit (die man auf einer Con meist nicht hat), daher rasche Einführung und das Vermeiden von Personal-Plot. - Keine nebensächlichen Ereignisse ausspielen (z.B. Essen besorgen).
Abenteuer-/Kampagnenstruktur:
- Spieler sollten im Abenteuerverlauf nicht bevormundet werden. Wenn sie einen Weg gaaanz weit weg von der Story gehen wollen, sollen sie es tun. Wenn sie in den sicheren Tod laufen wollen, sollen sie das tun. Nur eine kleine Warnung vorher sollte der Spielleiter schon geben. - Häufiger Spielleiterfehler: Unrealistische NSC-Werte (viel zu schwach > viel zu stark). Realistische NSCs reagieren auf Spieleraktionen glaubwürdig, z.B. sind sie nicht gleichgültig wenn SC offen Verbrechen begehen. Ein Spielleiter sollten sich immer die Frage stellen wie er wirklich reagieren würde? - Kampagnen so gestalten, dass wechselnde Spieler möglich sind, indem man sie in kleine Abschnitte unterteilt und wenig Story-Vorwissen zum Spiel notwendig ist. - Am Abenteuerende ein zufriedenstellendes, schlüssiges Ende bieten. Dabei sollten SC selbst zum Erfolg kommen, nicht durch einen NSC.
Ich hab eigentlich noch viel mehr mitgeschrieben, aber da konnte ich meine Schrift nicht mehr entziffern ;-) Der Workshop war jedenfalls sehr interessant und einige der anwesenden Zuhörer haben dann auch ihre eigenen Erfahrungen eingebracht, die dann gemeinsam diskutiert wurden. Ich hab jedenfalls eine ganze Menge nützlicher Infos mitgenommen und fühle mich fast schon mutig genug, dieses Jahr auch mal irgendwann ein Abenteuer auf einer Con zu leiten. Danach hatte ich dann aber erstmal genug vom Rollenspiel und wendete mich den zahlreichen Tabletop-Spielern zu. Da wurde eine ganze Menge an Spielsystem geboten, u.a. „Flames of War“, „Warhammer 40k“ und „Bloodbowl“. Mein Hauptinteresse galt aber „Dust Tactics“, welches mittlerweile in der zweiten Regeledition erschienen ist (Alles neu! Alles besser!) darauf wartete, das erste Mal gespielt zu werden. Also schnell die ganzen Kartons ausgepackt (schnell noch am Tag zuvor von der Post geholt, bevor ich los fuhr nach Coburg) und mit meinen alliierten Raketenrucksack-MG-Infanteristen gegen schaurige Achsenmächte-Panzerfaust-Zombies angetreten. Mit den zahlreichen geänderten oder auch ganz neuen Regeln musste ich mich aber erst anfreunden, das Spiel wird einfach mal eine ganze Ecke schneller (viel mehr Bewegungsreichweite) und tödlicher (teilweise pervers viele Angriffswürfel). Irgendwie hab ich jetzt aber das Gefühl, es macht auch viel mehr Spaß und ist generell viel besser ausbalanciert. Unsere Begeisterung jedenfalls lockte auch einige weitere Spieler an, die sich sehr interessiert zeigten. Zwei Zuschauer probierten es im Anschluss dann sogar aus und werden wohl bald auch ihre eigene Armee ins Feld führen. Wer sich jetzt nicht so für Tabletop, aber für das Szenario interessiert: Ein Dust-Rollenspiel (Link) unter dem sperrigen Namen „Paolo Parente‘s Dust Adventures“ wird gerade eifrig entwickelt, die englischsprachigen Alpha-Regeln sind bereits zum kostenlosen Download in der aktuellen Version 2.0 erhältlich. Ich persönlich kann mir die Dust-Welt aber auch gut für ein universelles RPG-System wie „Wushu“ und vor Allem „Savage Worlds“ vorstellen! Nach zwei überaus spannenden Tagen fuhr ich dann überaus zufrieden heim :D