Die Interview-Reihe über Indie-RPGs war wirklich eine gute Idee :-) Das Feedback von Euch, den Lesern, ist wirklich gut (Vielen Dank!) und auch zahlreiche Independent-Autoren haben ihr Interesse daran bekundet, ihre Rollenspiele in diesem Blog vorzustellen. Jetzt sind wir schon beim 3. Autoren angelangt und ich freue mich außerordentlich, ein Interview von ihm bekommen zu haben: Markus Leupold-Löwenthal, dem Schöpfer der erfolgreichen Rollenspiel "NIP’AJIN" und "TRiAS". Neben Hintergrundinfos zu seinen Werken hat mich besonders sein Engagement beim Gratisrollenspieltag interessiert. Hallo Markus. Magst Du Dich den Lesern bitte kurz vorstellen?
"Äh, hallo, ich bin Markus aus Wien und die Person hinter LUDUS LEONIS. Ich spiele seit rund 20 Jahren Rollenspiele und habe irgendwann angefangen, meine Ideen auch niederzuschreiben und zu veröffentlichen. Gut, dass es dieses Internetz jetzt gibt."
Kannst Du deine Systeme bitte kurz vorstellen? Was machen sie im Vergleich zu anderen Systemen besonders?
"Mein Hauptaugenmerk liegt auf "NIP'AJIN". Das ist ein Akronym für "Niemand ist perfekt, aber jeder irgendwie nützlich", was für mich irgendwie eine Rollenspielgruppe zusammenfasst. "NIP'AJIN" hat nur 4 Seiten und legt keinen Wert auf Fertigkeitslisten, Attribute, Formeln und Ausrüstunglisten. Jeder Charakter hat gute und schlechte Momente, und das Würfelsystemsystem gleicht das über die Zeit aus: Jeder Spieler hat 5 Würfel (W4 bis W12), die für Proben genutzt werden. Klar ist der W12 besser als der W4, aber jeder Würfel muss einmal benutzt ("verbraucht") werden, ehe das Set wieder verfügbar ist. Selbst der beste Kämpfer kommt nicht um den laschen W4 herum, kann aber steueren, wann und wofür der benutzt wird - vorzugsweise etwas, das er gar nicht so gut können mag. Daneben gibt es noch "TRiAS". Das ist komplexer, mit Fertigkeiten und Werten und XP und so. Das Besondere: Jeder Charakter hat 3 Säulen (Körper, Geist und Seele), die getrennt verletzt werden können. Alle Fertigkeiten sind einer der Säulen zugeordnet, und ist diese zu sehr verletzt, erschwert sich deren Einsatz. Und auch das Würfelsystem hat einen Kniff: Jeder Fertigkeit sind 3 Zahlen zugeordnet, die man mit einem Wurf versucht zu unterbieten. Je nachdem, mit wie vielen das geklappt hat, hat man dann einen Teil-, regulären oder großen Erfolg erreicht. "TRiAS" ist soweit zu Ende Gedacht und in Version 1.0 voll spielbar."
Wie kamst Du auf die Idee, eigene Rollenspiele zu entwickeln?
"Eigentlich will ich Szenarien und Settings schreiben, weil Systeme gibt es bereits mehr als genug. Ich spiele ja auch zu einem guten Teil die Sachen anderer. Aber nur sehr wenige Systeme erlauben eine Einbindung in eigene Werke ohne legale Grauzone, und wenn doch, dann gefällt mir die Spielmechanik nicht. Freie Rollenspiel-Systeme, also welche mit offener Lizenz, die Adaptionen und kommerzielle Nutzung erlauben (was oft "Geld für Selbstkosten verlangen" inkludiert), gab es vor ein paar Jahren noch nicht so viele. Also habe ich versucht, die Lücke etwas kleiner zu machen, indem ich zwei Systeme für meinen persönlichen Leit-Stil verfasst und unter eine Creative Commons Lizenz gestellt habe."
"NIP'AJIN" lässt sich ja für zahlreiche Settings benutzen. Einige bietest du ja auf deiner Webseite ludus-leonis.com (Link) auch an. Welches davon ist Dein liebstes Setting?
"'Setting' ist bei den "NIP'AJIN" Szenarien vielleicht etwas dick aufgetragen - es handelt sich mehr um Rahmenhandlungen für einzelne Abenteuer. Einen Liebling rausgreifen kann ich nicht, weil ich alle mag und immer wieder gerne spiele - sonst hätte ich sie nicht veröffentlicht."
Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung eines Rollenspiels so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Die meisten Szenarien haben als Gedankenspiel am Fußweg von A nach B begonnen. Ein Wortspiel (wie bei "Robert Redshirt") oder ein cooles Element (der schwarze Nebel und das göttliche Licht von Kurai Jikan) fällt mir da plötzlich ein und zieht immer weitere Kreise, bis daraus die Idee zu einem Szenario wird. Nachdem ich zumeist mehr Ideen als Zeit habe, warte ich dann, bis ein Ereignis eintritt, für dass sich das Niederschreiben lohnt und worauf ich hinarbeiten kann - ein Wettbewerb, der Gratisrollenspieltag, eine Con. Danach geht es handwerklich weiter: Als System "NIP'AJIN" drüber stülpen, liebenswerte Beispielcharaktere einfallen lassen, das nötigste zu einem Setting zusammenschreiben und den Ablauf des Abenteuers festhalten. Da sind 12-16 A5-Seiten rasch zusammen. Gemeinsam mit den Regeln und dem Cover sind das dann 20 bis 24, eine gute Größe für ein Oneshot-Heftchen. Rund 2 Wochen reine Arbeitszeit stecken da drinnen, verteilt auf 1-3 Monate, da ich das nicht hauptberuflich mache."
Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand? Und wie ist die Resonanz der Spieler?
"Die Systeme "NIP'AJIN" und "TRiAS" sind fertig. Letzteres entwickle ich nicht mehr weiter, bei ersterem gibt es nur mehr kleinste Änderungen, wenn etwa beim Schreiben neuer Szenarien auffällt, dass etwas besser Core- statt Settingregel wäre, oder ein Leser Feedback zu einer mehrdeutigen Textstelle gibt. "NIP'AJIN" Szenarien entstehen derzeit ca. 1 bis 2 pro Jahr. Als größere Baustelle habe ich noch die Adaption es ehem. TRiAS-Test-Settings "ROBiN" (Robin Hood um 1190) auf NIP'AJIN umzustellen. Die Arbeiten daran habe ich wg. dem Gratisrollenspieltag unterbrochen, sollten aber ab März wieder weitergehen, sodass evtl. bis zur RPC eine erste Version fertig ist - vermutlich nicht gedruckt, dafür wäre es zu eng, aber zumindest als PDF. Das Feedback, das ich von Spielern auf CONs oder per Mail erhalte, bestärkt mich jedesmal, weiter zu machen."
Du hast es gerade schon angesprochen: Du bist sehr aktiv beim Gratisrollenspieltag (Link). Möchtest Du uns etwas über Dein Engagement erzählen?
"Der Gratisrollenspieltag ist einfach eine tolle Sache. Er vereint Vereine und Läden im ganzen deutschsprachigen Raum und motiviert Spieler zum Aktionismus, um das Hobby zu verbreiten. Das alleine ist ja schon unterstützenswert. Wenn ich dazu Material beisteuern kann, das Fans sogar noch finanziell via Crowdfunder unterstützten, freut mich das sehr. Noch mehr, wenn ich danach lesen darf, dass es auch tatsächlich vor Ort gespielt wird! Sowas ist ein großer Motivationsschub fürs restliche Jahr. Umgekehrt hilft mir als "Kleiner" das Event, überregional auf LUDUS LEONIS aufmerksam zu machen. Win-Win also."
Wie wird die Zukunft aussehen? Kommt eventuell sogar neue Settings?
"Nachdem mir die Idee der NIP'AJIN Shots - ultrakurze Oneshots für 2h Spielzeit - sehr gefällt, werde ich davon im Laufe des Jahres noch ein paar schreiben. Wieviele, mache ich abhängig davon, wie das Heft beim Gratisrollenspieltag ankommt. Und ich möchte endlich die Dauerbaustelle "ROBiN" abschließen. 2014 habe ich genutzt, all die kleinen Baustellen zu schließen, damit ich mich jetzt voll auf den grünen Held konzentrieren kann."
Markus, ich danke Dir herzlich für das Interview und dass ich Deine Bilder für meinen Artikel verwenden durfte.
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