Wer kennt das nicht? Man liebt ein Tabletop, investiert ewig viel Geld hinein, und dann plötzlich wird das System einfach eingestellt. Ärgerlich genug, aber meist darf man dann nicht mal eigene Weiterentwicklungen veröffentlichen, weil noch irgendwer die Lizenzen besitzt. Bei der Entwicklung des 1:72-Tabletops "Point Blank Game" (Link) hatten Indie-Entwickler Peter Wal sowie sein Team genau diese Problematik im Fokus! Hallo Peter. Stell Dich doch bitte erstmal den LeserInnen vor.
"Hallo, mein Name lautet Peter Wal. 1981 wurde ich in Nürnberg geboren und aktuell bin ich viel im Dreieck Wolfsburg-Magdeburg-Braunschweig unterwegs. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass unser Projekt ein Teamprojekt ist und nicht nur von mir entwickelt wird. Aus diesem Grund möchte ich das Kernteam vorstellen, welches sehr viel zu dem Projekt beigetragen hat und ohne das PBG mit Sicherheit nicht mal ansatzweise den aktuellen Stand hätte. Dieses Team besteht aus: - Tobias "Ts4Ever" Sorger; von 17.01.2018 bis heute (Divisionen, Einheitenliste, historische Zusatzinfos) - Andi "Bloodwalker" Köpnick; von 17.01.2018 bis heute (Unterstützung bei der Einheitenliste, Communitymitarbeiter) - und mir, Peter "Arminace" Wal; von 14.01.2018 bis heute (Regelwerk, Projektkoordinierung, Einheitenliste)"
Zurück zu Dir, denn die LeserInnen wollen Dich sicher näher kennenlernen: Wie verlief Deine Brettspiel-Karriere?
"Nun, „Karriere“ habe ich in diesem Sinne keine gemacht, denn ich verfolge das Entwickeln von Brettspielen nicht als Beruf, sondern bin selber ein einfacher Spieler der nur ein paar seiner Ideen gratis der Allgemeinheit zur Verfügung stellen möchte."
Und wie kamst Du dazu, nun auch selbst als Brettspiel-Autor eigene Spiele zu entwickeln?
"Bereits Anfang der 90er bin ich viel im Tabletop- und Sammelkartenbereich unterwegs gewesen und habe Unmengen an Miniaturen und Karten für diverse Systeme gesammelt. Leider verstaubt ein Großteil hiervon mittlerweile in den Regalen da viele der Systeme, aus diversen Gründen, eingestellt wurden. Dies ist umso ärgerlicher, da diese oft auch noch sehr teuer waren. Ich persönlich bin es einfach leid, einen großen Betrag in ein System zu stecken, welches irgendwann eingestellt wird und z.B. auf Grund von zu teurer Lizenzen niemals mehr das Licht der Welt erblickt oder ich gezwungen bin, für neuere Editionen wieder neue Miniaturen zuzulegen. Zudem kann ich mir vorstellen, dass andere Spieler ebenso empfinden. Aus diesem Grund habe ich mir einfach einen Modellbaumaßstab ausgesucht, für den es preiswert eine enorme Vielfallt an Miniaturen (Fahrzeuge als auch Infanterie) gibt und ein frei verfügbares Regelwerk für diese geschrieben. Dies hat den Vorteil, dass die Miniaturen kompatibel zu anderen 1:72-Systemen bleiben (falls man das System wechseln möchte) und das Spiel extrem kostengünstig bleibt. Im Wesentlichen muss man sich nur die Regeln irgendwo besorgen und ca. 20 - 25€ (auf dem Flohmarkt gibt es diese meist noch deutlich günstiger) in Spielmaterialien investieren. Es gibt nicht viele Tabletops, die in dieser Preiskategorie rangieren. Ein Lizenztod des Spieles soll dadurch vermieden werden, dass das Regelwerk frei editierbar wird, sobald sich kein Entwickler länger als ein ganzes Jahr nicht mehr darum gekümmert hat. Ein entsprechender Counter, der von Entwicklern zurückgesetzt werden kann, wird noch auf der HP eingerichtet. Der Lizenzschutz von PBG wird also irgendwann aufgehoben sein und das Spiel dadurch vollständig gemeinfrei. Dadurch ist PBG also entwicklungstechnisch niemals gestorben, solange auch nur ein Mensch weltweit daran weiter herumschrauben möchte. Dies dürfte in diesem Bereich nahezu einzigartig sein. Zumindest ist mir kein ähnlich gestaltetes und umfangreiches Tabletop mit diesem Feature bekannt."
Stell Dein Spiel doch bitte mal den LeserInnen vor.
"Gern. "Point Blank Game" (kurz PBG) ist ein Regelwerk für Konfliktsimulationen auf Trupp- bis Kompanieebene im Maßstab 1:72. Hierbei treten zwei oder mehr Spieler gegeneinander an. PBG wird zudem verschiedene Zeiträume ab dem ersten Weltkrieg abdecken. Die erste veröffentlichte Version konzentriert sich hierbei auf den zweiten Weltkrieg und wird dementsprechend die Jahre 1939 - 1945 abdecken. Weitere Zeiträume, wie z.B. der 1. Weltkrieg und der kalte Krieg etc. folgen später und die Einheiten werden untereinander kompatibel sein."
Wie funktionieren die Regeln?
"Für völlig Unbedarfte des Genres kann man es sich wie die erwachsene Version der Sandkastenspiele in der Kindheit vorstellen. Man schiebt nach bestimmten Regeln kleine Miniatursoldaten und Fahrzeuge auf einem abgegrenzten Spielfeld hin und her (z.B. eine Modelleisenbahnplatte oder Frühstückstisch) und lässt selbige so aufmarschierten Truppen gegeneinander antreten, um ein Spielziel zu erreichen (z.B. die Einnahme eines bestimmten Gebäudes). Ein Maßband ermöglicht hierbei das ermitteln der Reichweiten und Würfel bestimmen die Effizienz der Einheiten und den Glücksfaktor. Die Werte und der Aufbau der Einheiten unterliegen hierbei den historischen Daten."
Und welche Zielgruppe hattest Du bei der Entwicklung im Blick?
"Tja, wie schon weiter oben beschrieben, war ursprünglich gar keine „Zielgruppe“ geplant, da die Entwicklung auf Grund des egoistischen Motivs meinerseits (Kosteneinsparung) gestartet wurde. Ich vermute allerdings, dass Modellbauer und alle Strategiespieler, welche eine große strategische Tiefe als auch Einheitenvielfalt zu schätzen wissen, dem Regelwerk einiges abgewinnen können."
Was kam bei der Entwicklung zuerst: Die Regeln oder das Setting?
"Nachdem der Maßstab klar war, war es das Setting. Dieses wurde zugegebenermaßen nicht uneigennützig gewählt, da ich noch viele Bausätze auf Grund eines anderen Systems in meinem Bastelzimmer herumliegen hatte."
Welchen aktuellen Entwicklungsstand hat das Spiel?
"„Spielbar“ trifft es im Wesentlichen ganz gut. Auf Grund der Breite der teilnehmenden Nationen, ihrer Einheiten, deren Technologien, des festgelegten Zeitraumes und unseres aktuell noch winzigen Teams wird PBG wohl niemals fertig werden. Wir haben uns allerdings entschlossen eine spielbare Fassung des Entwicklungszustandes der breiten Masse zur Verfügung zu stellen, damit wir als Entwicklungsteam Feedback erhalten, Spieler gewinnen und vielleicht auch den einen oder anderen finden, der etwas zu unserem Projekt beitragen möchte. In unregelmäßigen Abständen informieren wir auf unserer Webseite und den sozialen Medien über unseren Entwicklungsstand und versorgen Interessierte mit Regelupdates. Erhalten kann man die Regeln von PBG auf der offiziellen Webseite (Link), auf der deutschen Facebook-Seite (Link) und auf der englischen Facebook-Seite (Link). Interessierte Spieler können uns auch gerne kontaktieren und uns auch Regelanfragen und Vorschläge unterbreiten oder bestimmte Fahrzeuge/ Ausrüstungen anfragen, welche wir uns bemühen, in das entsprechend nächste Release einzubauen."
Hast Du schon Pläne für die Veröffentlichung? Crowdfunding oder klassischer Spieleverlag?
"PBG war und wird niemals profitorientiert sein und wird dementsprechend weder klassisch veröffentlicht noch eine Crowdfundingkampagene sehen. Aus diesem Grunde sind wir über Sponsoren wie Ziterdes (Link) oder Germania Figuren (Link), welche uns kostenlos Material zur Verfügung gestellt haben, extrem froh, denn auch dieses Projekt entwickelt laufende Kosten und dadurch werden wir in die Lage versetzt, abwechslungsreiche Demotische und Gewinnspiele anbieten zu können. Vielleicht wird es mal eine gebundene Fassung von einem Verlag geben. Dies wäre allerdings eher ein dekoratives Sammlerstück und ein Spielvorteil wird dadurch nicht erfolgen. Ich gehe davon aus, dass solch eine Fassung eher der zu dem Zeitpunkt veröffentlichte Regelfassung entsprechen würde. Eine weitere Veröffentlichung wird also derzeit nicht verfolgt, die aktuell veröffentlichte Version wird nach und nach von uns aktualisiert und fehlerbereinigt."
Wie kann ich Dein Spiel mal an testen? Bist Du auf Spielemessen & Autorentreffen unterwegs?
"Auf Grund von körperlichen Einschränkungen bin ich leider selbst auf eine Begleitung angewiesen, wenn ich Demospiele außerhalb meines Hauses anbiete. Dadurch ist leider auch der letzte Termin in Hannover geplatzt. Die nächsten Demotische sind allerdings bereits geplant, nämlich die "Spielzug" in Hannover (8 + 9. Sept. 2018) und die "Red Lion Con" in Braunschweig (6 + 7. April 2019). Sicherlich werden kurzfristig noch weitere Demospiele angeboten werden. Da PBG allerdings keinen Profit generiert, bin ich eher im Umkreis meiner Wahlheimat unterwegs (Hannover, Braunschweig, Wolfsburg, Magdeburg etc.)). Möglicherweise bietet zukünftig noch jemand anderes vom Team an anderen Standorten das ein oder andere Demospiel an."
Zuletzt: Hast Du für andere NachwuchsautorInnen ein paar Tipps & Tricks?
"Aus meiner Sicht ist die größte Hürde, ein Projekt überhaupt zu starten. Mit dem Gedanken zu meinem Projekt hatte ich z.B. bereits Anfang 1999 gespielt und erst knapp 20 Jahre später habe ich den Mut gefasst, dies auch umzusetzen. Glaubt an euch und fangt einfach damit an. Ansonsten ist die Wahl des Mediums bzw. der Software in der man das eigene Werk erstellt sehr wichtig. Für diese Basis sollte man sich wirklich Zeit nehmen und nichts überstürzen."
Vielen Dank für das Interview und viel weiteren Erfolg!
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