Aug 17: Somorra: Stadt der Lüge – Ehrlich währt am längsten? Hier nicht!


Somorra ist eine verkommene Stadt, welche von Korruption und einer Drogen-Epidemie zerfressen ist. Ehrliche Menschen, gerade wenn sie auch noch für die Polizei arbeiten, haben keine Chance! Das muss man auch als LeserIn beziehungsweise SpielerIn merken, denn die Protagonistin dieses interaktiven Thrillers wird mit fingierten Bestechlichkeitsvorwürfen kaltgestellt. Und mit einer kaputten Polizei-Karriere geben sich die Strippenzieher im Hintergrund offensichtlich nicht zufrieden, denn mittels der schon beim ersten Schuss süchtig machenden Droge Somorin soll auch noch für einen raschen sozialen Abstieg gesorgt werden. Also eine ganz schlechte Ausgangslage, in die sich die Protagonistin bzw. Spielfigur hier hinein manövriert hat


Spielmechanisch wird dabei das Rad nicht neu erfunden: Am Ende vieler Textabschnitte bekommt man mehrere Wahlmöglichkeiten, die mit einem anderen Textabschnitt verbunden sind. Beispielsweise, kann man beim Abschnitt 33 wählen, ob man einen gefangenen Kollegen einfach alleine lässt (dann geht es zum Abschnitt 111) oder endgültig kaltstellt (dann geht es zum Abschnitt 91). Diese Entscheidungen haben Konsequenzen, welche auf einem Abenteuerbogen vermerkt werden, die den Verlauf der Handlung teils maßgeblich beeinflussen können – Zumindest teilweise, denn tatsächlich ist „Somorra: Stadt der Lüge“ besonders im ersten, aber auch merklich im dritten der drei Kapitel ausgesprochen linear angelegt. Hier fühlen sich die Entscheidungen nicht so frei an wie in vielen anderen Solo-Rollenspielbüchern, stattdessen denkt man eher an die lineare Abfolge von Quicktime-Events in Videospielen, bei denen ein falscher Knopfdruck das Ende bedeutet. Die Autoren schreiben in der Spielanleitung selbst, dass fast jeder fünfte Abschnitt den sofortigen Tod bringt. Zwar gibt es ein Rücksetzsystem, welches an automatische Speicherpunkte in Videospielen erinnert, aber bei vielen „Korrekte Entscheidung oder Tod“-Momenten dachte ich mir doch „Macht halt nen richtigen Roman draus, denn schreiben könnt ihr, anstatt mich hier immer wieder mit unnötigen Entscheidungsmomenten aus der intensiven Immersion rauszureißen!!!111einself“


Neben den eher detektivischen Ermittlungen im zweiten Kapitel, in denen man mehrere kleine Aufträge relativ frei erfüllen kann, fordert das Spielbuch besonders durch seine gelegentlichen Rätsel-Passagen. Teils sind die so knifflig, sie könnten fast aus den „Gefangen“-Escape-Room-Büchern der Sußners entsprungen sein


Fazit: Der „Mantikore Verlag“ ist ja der deutsche Spezialist für Solo-Spielbücher und so passt „Somorra: Stadt der Lüge“ (Link) perfekt in sein Programm. Ein zwar schwierig zu lösendes, aber unglaublich atmosphärisches Spielbuch für Fans düsterer Urban Fantasy. Empfehlenswert!
PS: Und wenn ihr mir nicht glaubt, dann holt euch bei Würfelheld (Link) doch eine zweite Meinung

Posted by Philipp Lohmann
in Solo-Spielbuch