Sep 19: Europe Divided – CoSim-Wolf im Eurogame-Schafspelz


„Europe Divided“, ins Deutsche lokalisiert vom CoSim-Spezialisten „Udo Grebe Gamedesign“ (Link zu einem spannenden Interview), ist eine strategische, asymmetrische Politiksimulation für zwei Personen. Auf der Seite Russlands oder auf der Seite der EU & NATO versucht man die ehemaligen Ostblock-Länder in den 1990ern bis 2010ern auf seine Seite zu ziehen und nebenbei noch historische Ereignisse (z.B. den Kosovokrieg und die Orangene Revolution) zu gewinnen. Dabei durchläuft man insgesamt 20 Spielzüge, von denen die ersten 10 die neue Weltordnung (1992 – 2008) und die letzten 10 den neuen kalten Krieg (2008 – 2019) symbolisieren. Ein Zug läuft dabei immer gleich ab:
1. Die beiden SpielerInnen wählen verdeckt zwei Aktionskarten, welche zusammengerechnet ihre Initiative bestimmen. Wer den höheren Initiativwert hat, darf beginnen.
2. Auf jeder Aktionskarte sind verschiedene Aktionen und deren Kosten aufgedruckt. Mögliche Aktionen sind das Legen von Einfluss, daher das Platzieren eines Würfels auf eine umstrittene Ostblock-Region. Der Einfluss beginnt beim Wert 1 und kann über die Aktion der Erhöhung bis auf den Wert 6 gesteigert werden. Oder man kann eine Armee aufstellen und sie mittels Bewegungsaktion in ein Nachbarland einmarschieren lassen. Das kostet natürlich eine ganze Menge Euro beziehungsweise Rubel, sodass man als Aktion auch Geld erhalten kann. Manche Karten erlauben zudem das Ausspielen einer Spezialaktion, beispielsweise könnte man mit einem Einflusswert von 6 in Ungarn in allen anderen Visegrád-Staaten seinen Einflusswert um 2 erhöhen. Oder mittels Propaganda-Aktion darf man gleich drei Einflusssteigerungen durchführen.
3. Anschließend werden noch Effekte und Reaktionen abgehandelt. Beispielsweise, wenn Russland seine Armee in Weißrussland aufstellt, bedroht er damit auch das Baltikum und erhöht seinen Einfluss damit um 1 (Effekt). Die Balten finden das aber gar nicht toll und erlauben, dass die NATO dort eine Armee als Schutz platziert (Reaktion).

Aber wozu das Ganze? Natürlich für Prestige, also Siegpunkte


„Europe Divided“ ist prinzipiell kein schwieriges Spiel. Klar ist es anspruchsvoll, aber die Grundmechanismen hat man in einer viertel Stunde verinnerlicht. Gerade auch, weil sehr viele der Karten und Symbole selbsterklären sind. Zudem ist das (mit einigen wenigen Lektoratsfehlern versehene) Regelheft eben nicht so stumpfsinnig kleinteilig wie bei einer CoSim aufgebaut, sondern farbenfroh und mit vielen Beispielen wie bei einem „ganz normalen Eurogame“



Kurzgefasst würde ich „Europe Divided“ wohl als CoSim-Wolf im Eurogame-Schafspelz bezeichnen, sowohl was die Komplexität als auch das Regelheft angeht. Auch preislich ist es mit knappen 50 € eher im unteren CoSim-Bereich beziehungsweise höheren Eurogame-Bereich verortet. Dafür bekommt man neben den obligatorischen Pappplättchen (ca. 90 Stück) insgesamt 36 Würfel, 40 große und 60 kleine Spielkarten, ein 20seitiges Regelheft nebst zwei Spielhilfen sowie natürlich das stabile Pappspielbrett. Das alles in einem wirklich ansprechenden, weil kühl-rationalen Design


Fazit: „Europe Divided“ (Link) ist ein CoSim-Wolf im Eurogame-Schafspelz

Posted by Philipp Lohmann
in Karten-, Brett- & Miniaturenspiele