Mar 26: Der Heilige von Bruckstadt – Düstere Besänftigung eines unheiligen Heiligen


Im Spätsommer 1631 ist der Dreißigjährige Krieg noch nicht einmal zur Hälfte rum und doch ist das ehemalige Heilige Römische Reich ein Scherbenhaufen. Die winzige und geografisch nicht näher spezifizierte Grafschaft Grenzland mit ihrer einzigen Stadt Bruckstadt kam bisher ganz gut durch die Kriegswirren, auch wenn sie von Flüchtlingen aus dem im Mai völlig vernichteten Magdeburg überlaufen ist. Die Bevölkerung glaubt, dass dies der Verdienst des Heiligen Jakobus ist, der vor fünfhundert Jahren als Inquisitor alles Ketzerische ausgelöscht hat. Ihm zu Ehren muss in einem prunkvollen Ritual aller zehn Jahre das heilige Seidentuch, das seinen Sarkophag bedeckt, ausgewechselt werden – Denn, das wissen die GrenzländerInnen nicht, eigentlich dient es zur Abwehr eines Fluches, den Jakobus gegenüber Bruckstadt ausgesprochen hat. Durch den Teileinsturz der Stadtkirche und damit des Gruftzugangs konnte das Ritual jedoch bisher nicht durchgeführt werden, sodass den BruckstädterInnen jetzt nur noch zwölf Tage bleiben, bis der Fluch nicht mehr aufgehalten werden kann und die Stadt dem Untergang geweiht ist... Jetzt ist also die Zeit für echte HeldInnen, doch so einfach ist die Durchführung des Rituals natürlich nicht: Einerseits haben viele der BruckstädterInnen ihre eigene Agenda, die nicht immer mit den Zielen der SpielerInnen übereinstimmt... Zudem tummeln sich in der sich über mehrere Ebenen erstreckenden Gruft allerlei Feinde, von denen manche einfach nur fresswütige Monster und manche sehr boshafte Menschen sind. Und dann ist die von Fallen gespickte Gruft natürlich auch schon ziemlich alt, sodass es einige ziemlich einsturzgefährdete Stellen gibt. Und hab ich eigentlich schon den Zeitdruck erwähnt? Und die KultistInnen?

„Der Heilige von Bruckstadt“ bietet also all die Dinge, die man von einem guten OSR-Abenteuer erwarten kann: 1. Sehr tödliche Kämpfe, bei denen es keine Schande ist, auch mal den Rückzug anzutreten



Also eine ganze Menge Inhalt, gerade wenn man die unzähligen Würfeltabellen bedenkt. Aber es gelingt dem Abenteuer sehr gut die Übersicht zu bewahren, da die einzelnen Orte und Personen jeweils nur sehr kurze Beschreibungen bekommen, die für eine erfahrene Spielleitung aber völlig ausreichen. Natürlich sollte man sich bei so einem umfangreichen Abenteuer vorbereiten, aber theoretisch könnte eine Spielleitung die entsprechende Raum- bzw. Personenbeschreibung auch in vielleicht zehn, selten mehr als dreißig Sekunden durchlesen (und eventuell was auswürfeln), um danach problemlos die Spielszene leiten zu können. Hier gibt es wirklich kein Wort zu viel, meistens auch kein Wort zu wenig, das verdient einfach mal ein Lob

Der Spaß dauert dann auch recht lang, je nach Spielgeschwindigkeit sollte man vier bis tendenziell eher acht Spielabende beschäftigt sein. Man muss dann natürlich aber auch an dem düsteren Weird-Fantasy-Setting Spaß haben, welches durchaus einige Geschmacklosigkeiten beinhaltet – Auf einer der ersten Seiten gibt es einen völlig berechtigten „18+ / explicit content“-Warnhinweis. Und selbst wenn man schon erwachsen ist sollte man überlegen, ob jetzt nicht vielleicht die Gelegenheit ist, um Sicherheitsmechaniken wie die „X-Card“ auszuprobieren

Das Abenteuer ist insgesamt sehr übersichtlich gelayoutet und auch das Lektorat geht in Ordnung (ein paar Flüchtigkeitsfehler, aber die passieren mir hier im Blog auch


Fazit: Ein tolles Nischenprojekt! „Der Heilige von Bruckstadt“ (Link) ist ganz schön düster, aber auch ganz schön gut

Posted by Philipp Lohmann
in Rollenspiel