Mar 21: Behind the Magic – Den Bösewicht besiegen ist spaßig, aber über die Heldengruppe lästern ist noch spaßiger!


„Behind the Magic“ ist eigentlich ein Mini-LARP, welches von unseren Podcast-Kollegen „System Matters“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) als Teil der Erzählspiel-Serie „Kleine Reihe“ eingedeutscht wurde. Auf 46 Seiten bekommt man ein komplettes Regelwerk plus drei Settingvorschläge, damit man das Absolvieren von typischem Fantasy-Heldenkram (also primär den Bösewicht bezwingen, auf dem Weg dorthin große & kleine Hindernisse überwinden) im Stil einer Reality-Show oder einer Mockumentary nachspielen kann. Wobei der Begriff „Regelwerk“ hier eigentlich schon eine krasse Übertreibung ist, denn Würfelproben oder komplexe Charaktere gibt es nicht. Stattdessen laufen eindimensionale Klischee-Heldenfiguren von Szene zu Szene und lösen ihre Probleme rein erzählerisch. Aber kann das Spaß machen?
Ja!!! Aber eh ich jetzt das Fazit spoilere, lasst mich rasch den Spielablauf beschreiben


Bardin? Beichte? Genau, denn hier kommen wir zum Realityshow-Aspekt des Spiels: Immer wieder kommentieren die Spielcharaktere selbst, von außerhalb der Szene, das Geschehen. Dazu werden sie von der Bardin interviewt, die auch gelegentlich die Szenen & Akte mit ihren Kommentaren verbindet. Also wirklich wie in einer richtigen Realityshow/Mockumentary. Dabei kann die Bardin sowohl von einer einzelnen Person verkörpert werden (Spiel mit Spielleitung) als auch situativ von irgendeinem gerade nicht in die Szene involvierten Charakter (wenn man ohne Spielleitung spielt).
Die drei Akte (Aufbruch ins Abenteuer, Der Ärger beginnt, Dem Finale entgegen) untergliedern sich in eine Etablierung des Settings durch die Wiedergabe von Sinneseindrücken (z.B. Wolfsgeheul, wenn man in einem nächtlichen Wald ist), das Ausspielen von 3 – 5 Szenen und eben die Beichte, bei welcher von der Bardin natürlich auch gern mal suggestive Fragen gestellt werden, um quotenträchtigen Unfrieden zu stiften (z.B. „Wer aus der Gruppe ist die größte Belastung?“). Am Ende des dritten Aktes kommt dann der Höhepunkt, wobei das eher einem „Coitus interruptus“ gleicht, denn das Finale wird nach einer Abstimmung direkt übersprungen, um erneut die Beichte abzulegen – Das mag für manche Mitspielende (mich!) etwas unbefriedigend sein, unterstreicht jedoch, dass es bei „Behind the Magic“ eben primär um die Interaktionen innerhalb des sozialen Gefüges des Heldentruppe geht.

Für diejenigen, die das Konzept beim ersten Mal ein wenig abstrakt finden, gibt es neben einem Spielbeispiel zur Setting-Erschaffung auch drei vorgefertigte Spielszenarien. Beispielsweise geht es um Gentrifizierung im Märchenwald, das ist schon ziemlich witzig


Daher kann ich das Fazit auch ganz kurz halten: Ich mag normalerweise keine Erzählspiele und auch keine Realityshows, aber dieses richtig coole Realityshow-Erzählspiel mag ich!
Posted by Philipp Lohmann
in Rollenspiel