Jun 19: Das Schwarze Auge: Rahjasutra – Ein schlechter Aprilscherz
Aprilscherze sind eine feine Angelegenheit und auch im Rollenspielbereich mittlerweile üblich. Manche davon werden, meist weil der Zuspruch der Veräppelten so positiv ist, dann aber doch umgesetzt. Das beste Beispiel dafür ist sicher der sexy „Orkenspalter TV“-Kalender, welcher so erfolgreich war, dass nun bald die zweite Ausgabe mit erotischen Mháire-Fotos veröffentlicht wird. Das Thema Erotik führt dann auch gleich zum nun tatsächlich veröffentlichten Aprilscherz „Rahjasutra“, einem fiktiven Liebesleitfaden in der Welt von „Das Schwarze Auge“.
In der Historie der Spielwelt wurde dieses Lehrbuch erstmals ca. 345 BF veröffentlicht und kommt nun 1039 BF als kommentierter und überarbeiteter Privatdruck eines gewissen Fran Cesco di Urbontris daher. Dieser erzählt in einer Art Rahmenhandlung davon, dass er als 15-jähriger von einer wohlhabenden und sexuell erfahrenen Frau in die Kunst der Liebe und die Regeln des „Rahjasutra“ eingeführt wurde. Diese Rahmenhandlung – wenn man die gelegentliche Tagebucheinträge denn so nennen mag – ergänzt zusammen mit anderen kurzen Fluff-Texten (etwa aus den Erinnerungen einer Haremsdame und vermeintlichen Rahjasutra-Originaltexten) die Ratgeber- und Anleitungstexte. Diese gliedern sich, wie beim ganz offensichtlich Pate gestandenen echten Kamasutra, in verschiedene Themenbereiche auf. Wobei die sexuelle Komponente hier im Vergleich zum großen Vorbild doch stark im Vordergrund steht. Es wirkt so, als hätte man den populären Teil, nämlich „Samprayogika“ (das zweite von insgesamt sieben Büchern) - das ist das Buch über den Liebesgenuss, welches man auch mal so für sich stehend in den Bahnhofsbuchläden bei der Erwachsenenliteratur findet – genommen und einfach noch ein paar mehr oder minder spannende Kapitel der anderen Bücher hinzu gepackt, damit es ein wenig mehr ist.

Das 160 Seiten starke Hardcover im handlichen „Vademecum“-Format bietet 18 Seiten über die „Grundlagen des Glaubens und der Liebe“, dann ganze 62 Seiten über „Begehren, Leidenschaft und deren Erfüllung“, weitere 24 Seiten über „Die Kunst des Werbens und seine Erfüllung“, 12 Seiten „Blüte und Welken der Liebe“, 20 Seiten „Liebe sehen, finden, gewinnen oder kaufen“ und abschließend 14 Seiten über die „Geheimlehren des Rahjasutra“. Das klingt eigentlich nach einer ganzen Menge Stoff (und das ist es auch, weil es nur wenige Bilder ins Buch geschafft haben), jedoch werden die einzelnen Kapitel mit so vielen Themen vollgestopft, dass man diese jeweils nur sehr oberflächlich behandelt. Gerade bei den Stellungen – deren Menge und teils auch Komplexität im Vergleich zum Original ziemlich eingeschränkt sind – lesen sich die Beschreibungen teils so ungenau dass man sie nur mit viel Mitdenken hinkriegt. Ich scheue mich aber nicht zuzugeben, dass ich mir die „Wendende Position“ bei aller Kreativität dank der ungenauen Anleitung absolut nicht vorstellen kann. Hier wären, wenn denn schon der Text so knapp ausfällt, wenigstens einfache Zeichnungen dringend notwendig gewesen


Die begleitenden Texte, welche erotische Begebenheiten beschreiben, verbleiben leider auf dem gleichen Niveau wie die (Sex-)Tipps des Liebesratgebers. Also wie aus einer Frauenzeitschrift oder einem billigen Schmuddelheftchen. Erotisch ist dabei nichts, sondern eher plakativ und gewollt, so dass man den Eindruck hat, der Autor kenne Liebe ausschließlich von Youporn

Fazit: Nein, beim besten Willen liebe DSA-Redaktion, das war ja mal absolut überhaupt nix. Wie kann man mit gutem Gewissen, außer um Geld zu verdienen, denn solch ein sinnentlehrtes und seelenloses Buch auf den Markt werfen? Ohne Mehrwert, viel zu überteuert für das Gebotene, ist das „Rahjasutra“ nicht mehr als ein schlechter Aprilscherz.