Oct 7: LEADERS: a combined game – Verschlimmbesserte Technikspielerei oder innovative Alternative?
Mittlerweile scheint die Verzahnung von klassischem Brettspiel und digitaler App tatsächlich im Mainstream angekommen zu sein. Zugegeben, der "Pegasus Verlag" ist mit dem eigentlich ganz guten „Golem Arcana“ zwar (absehbar
) auf die Nase gefallen, doch der "Heidelberger Spieleverlag" war mit dem „XCOM“-Brettspiel erfolgreich. Ebenfalls schon etwas auf dem Markt, aber noch nicht ganz so bekannt (aber das wird sich mit dieser Rezension natürlich ändern
), sind die Österreicher von „rudy games (Link)“ mit ihrem Globalstrategiespiel „LEADERS: a combined game“. Dieses fügt dem klassischen „Risiko“-Spielprinzip, also Truppenverschiebung und Würfelorgien, nicht nur die App, sondern auch noch neue Regeln hinzu. Da stellt sich die Frage: Verschlimmbesserte Technikspielerei oder innovative Alternative?


Wenn man mal von der engen Verzahnung von App und Brettspiel absieht, kommt „LEADERS: a combined game“ regelrecht klassisch daher mit einem prall gefüllten Pappkarton: Neben einem großen, mehrfach gefalteten Pappspielplan (mit aufgedruckter Weltkarte) finden sich 300 Plastikfiguren (je Farbe 30 Infanterie, 10 Panzer und 10 Flieger) in sechs Farben, 18 Würfel (weiß, grau, schwarz), 30 Holzmarker, Kurzanleitungen in deutsch & englisch sowie je sechs zweisprachige Forschungsübersichten, Nationenkarten und Basislager-Pappplatten. Und dieses ganze Material nutzt man nun auch ganz klassisch, also verschiebt die Einheiten von Land zu Land, ermittelt Kampfresultate mit Würfeln etc. - Wozu also die App? Dazu beschreibe ich einfach mal, wie so ein zwei- bis vierstündiges Spiel abläuft


Nachdem man die App (Link) installiert und sich danach registriert hat, kann es auch schon losgehen. Man wählt die Anzahl der Spieler (2 – 6) sowie das Spielszenario (u.a. relevant dafür, ob man Nationen-Boni erhält), gibt ihnen Namen, Farben und Nationen (Neutraler Block: Deutschland & Frankreich, Kapitalistischer Block: USA & Großbritannien, Kommunistischer Block: Sowjetunion & China), wählt sein Startgebiet (soweit es nicht vom Spielszenario vorgegeben wurde) und legt los



Jede Spielrunde besteht aus einer öffentlichen und einer geheimen Phase: In der öffentlichen Phase geben die Spieler die Anzahl ihrer Produktionspunkte in die App ein, außerdem werden eventuelle globale Ereignisse abgehandelt. Dann beginnt die geheime Phase, welche die Spieler nacheinander reihum am Handy/Tablet durchführen. Sie besteht aus fünf Unterphasen:
- In der 1. Phase werden überschüssige Einheiten vom Spielfeld genommen. Dabei muss in jedem besetzen Gebiet eine Einheit verbleiben, der Rest wird in die Base Zone gelegt (einem speziellen Bereich ihrer eigenen Basislager-Pappkarte).
- In der 2. Phase werden nationale Ereignisse abgehandelt, wobei diese einerseits öffentlich sein können (z.B. die Verleihung eines Abzeichens) oder aber geheim (z.B. diplomatische Anfragen anderer Spieler).
- In der 3. Phase werden die Einheiten in den Kampf geschickt. Hierfür platziert man Einheiten aus dem Basislager auf die Felder, von denen aus man einen Angriff starten möchte. Dabei ist zu beachten, dass man nur so viele Einheiten in ein Feld stellen darf, wie es Produktionspunkte hat – Da wird die Startphase gleich doppelt so wichtigDann bewegt man seine Einheiten auf das gegnerische Feld, dabei darf man auch aus mehreren Feldern kombiniert angreifen, muss aber auf jedem eigenen Feld eine Einheit als Besatzung stehen lassen. Nun darf der angegriffene Spieler ebenfalls Einheiten von seinem Basislager auf das zu verteidigende Feld stellen. Und dann kommt endlich...
- Der Kampf in der 4. Phase! Dieser besteht dann aus dem Rollen der WürfelAllerdings gibt es keine Würfelorgien, da man maximal drei Würfel pro Kampfrunde nutzt. Die Infanteristen nutzen dabei schwache weiße Würfel, Panzer durchschnittliche graue Würfel und Flieger starke schwarze Würfel. Diese zeigen entweder Leerseiten an, einen oder zwei Treffer. So viele Treffer, wie der Gegner erwürfelt hat, muss man dann von den eigenen Truppen entfernen. Wer am Ende übrig bleibt, hat gewonnen
Flucht ist auch möglich, dann verliert man aber die Hälfte der eigenen Truppen.
- Schließlich folgt die 5. Phase, in der man mittels der App geheime Aktionen durchführt und Produktionspunkte ausgibt: Man kann Einheiten produzieren, neue Technologien erforschen, Diplomaten ernennen für Friedensverhandlungen und Boykotte sowie Spionen geheime Missionen wie Spionage und Sabotage zuweisen.
Und dann geht es wieder von vorne los, bis ein Spieler gewinnt


Die App benötigt man also besonders für die Durchführung der geheimen Phasen. Ich will nicht unehrlich sein, das hätte man theoretisch auch genauso gut mittels Karten & Token hinter einem Sichtschutz haben können. Doch kann man durch die App natürlich nicht schummeln, außerdem zeigt sie jeweils an in welcher Phase man sich befindet und was man tun muss. Sie ist also so eine Art Spielhilfe, Regelbuch und Schiedsrichter in einer Person, was durchaus eine Erleichterung darstellt. Im Test lief die App von „rudy games“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) auf einem Mittelklasse-Smartphone problemfrei, zog dabei nicht übermäßig viel Akku und war auch auf dem kleinen Display recht gut les- und bedienbar. Auf einem großen Tablet wird man aber sicher noch viel mehr Freunde haben

Fazit: „LEADERS: a combined game“ (Link) ist vielleicht nicht der nächste große Schritt im Brettspiel-Business, denn dafür ist die App doch zu sehr eher ein hilfreiches Gimmick denn essentielles Spielerlebnis. Regeltechnisch ist es jedoch eine wirklich sehr gelungene Fortentwicklung des „Risiko“-Spielprinzips. Wer kampf- und würfellastige Globalstrategie mag, wird hier bestens unterhalten
