Jun 30: Achtung! Cthulhu: Drei Könige – Tödlicher Spaß, nur nicht für Einsteiger

„Drei Könige“ spielt im Juli 1939, also noch vor dem Beginn des Zweiten Weltkriegs, im von Nazi-Deutschland besetzten Böhmen. Auf der Burg Karlstein hat sich ein wahnsinniger Wissenschaftler niedergelassen, um mit seinen Mythos-Experimenten und einer Hundertschaft Nazis (SS, Gestapo, das volle Programm) die Dörfer der Umgebung zu terrorisieren. Ihnen entgegen stellt sich nicht nur der tschechische Widerstand, deren Anführer die titelgebenden „Drei Könige“ sind, sondern auch der Priester Vater Andrej. Dieser gilt bei der lokalen Bevölkerung als Held, rettete er doch mehrmals im Alleingang verschleppte Kinder vor den Mythos-Experimenten. Allerdings scheint er plötzlich wahnsinnig geworden zu sein... Davon bekommt auch der britische Geheimdienst etwas mit, welcher daraufhin Spione (nämlich die Spieler) losschickt. Ihre streng geheime Mission: In Zusammenarbeit mit dem Widerstand und Vater Andrej herausfinden, was wirklich hinter den dicken Mauern von Burg Karlstein vor sich geht.
Das Abenteuer ist, obwohl es sich in fünf Episoden (teils in mehrere Einzelszenen aufgeteilt) untergliedert, recht offen. Auf dem gut 4x4 km großen Areal, in dessen Zentrum die Burg Karlstein thront, können sich die Spieler recht frei bewegen und dabei überlegen, wie sie rasch mit dem Widerstand und Vater Andrej in Kontakt kommen, um letztendlich hinter das Geheimnis der Mythos-Experimente zu kommen. Da bestimmte Zwischenziele und Ereignisse vorgegeben sind, besteht aber nicht die Gefahr, dass man dabei die Handlung aus den Augen verliert. Nein, eher besteht die Gefahr, dass man gar nicht erst so weit kommt, weil man von einer der umherziehenden Patrouillen oder bei einer Routinekontrolle erwischt wurde. Denn „Drei Könige“ ist hart, verdammt hart! Gerade wenn man nach „Call of Cthulhu“-Regeln zu Werke geht, bei denen eine MG-Salve ja schon mal das Ende eines Charakters bedeuten kann, ist Scheitern fast schon vorprogrammiert. Und wenn man zudem die drei von vier vorgefertigten Charaktere spielt, deren lokale Sprachkenntnisse zwischen nicht vorhanden und mangelhaft liegen, kann man noch nicht mal um Gnade winseln


Persönlich hätte ich mir eine bessere Ausarbeitung des Abenteuers gewünscht, denn so muss der Spielleiter noch eine Menge vorbereiten und/oder improvisieren. Die Szenen an sich sind teilweise sehr wage und grob beschrieben, sodass man sie noch mit Inhalt füllen muss. Aber auch der Umgebung fehlt es an Details, die wichtigsten Örtlichkeiten der Region werden etwa auf einer knappen halben Seite abgehandelt. Auch die Burg, deren Karte übrigens an mehreren Stellen nicht mit der dazugehörigen Luftaufnahme übereinstimmt, hätte noch ein paar mehr Infos und besonders auch Spielwerte (z.B. den Schwierigkeitsgrad zum Erklettern der Mauer) haben dürfen. Und was zum Teufel passiert eigentlich, wenn das von der Handlung her essentielle Abschlussritual (Wahrscheinlichkeit ohne Modifikation 95 %) wegen einer vom NSC verpatzten Probe nicht eintritt? Das ist an sich alles kein Beinbruch für einen erfahrenen Spielleiter, aber mehr Informationen und Anleitungen wären halt schon wünschenswert gewesen. Und wo ich gerade so meckere: Auch wenn es nicht viele sind, haben sich doch einige Schnitzer ins Abenteuer geschlichen. Beispielsweise suche ich auf der Karte von Burg Karlstein (welche wie gesagt nicht immer mit der Luftaufnahme übereinstimmt, beispielsweise fehlt dort der handlungstechnisch wichtige Quellenturm) vergeblich nach der Kapelle der Heiligen Katharina und der Holzbrücke (immerhin muss ich mich dann mit einigen Wachen weniger rumschlagen



Loben muss man wie immer die stylische Aufmachung, denn gerade die Bilder und eigentlich das ganze Design transportieren viel Atmosphäre. Auch die flüssig lesbaren Texte und die Druckqualität vom „Uhrwerk Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat) ist gelungen. Besonders hervorheben möchte ich hier die Handouts vom Einsatzbriefing – Man drückt diese den Spielern ein paar Tage vorher in die Hand und kann dann mit gut informierten, bereits atmosphärisch eingestimmten Spionen direkt mit der ersten Episode loslegen

Fazit: „Achtung! Cthulhu: Drei Könige“ (Link) ist für erfahrene Spiel(leit)er ein spaßiger Einstieg in das pulpige Weltkriegssetting
