Oct 15: Frankfurter Buchmesse 2017 – Viele Bücher, viele Gespräche



Vorneweg: Nach diesem Absatz geht es um die für diesen Blog relevanten Verlage (Phantastik, Rollenspiel, Comic) – wer möchte, kann gerne sofort dorthin springen – aber auch ich komme nicht umhin den größten Diskussionspunkt anzusprechen, wenn ich diesen Absatz auch schon ziemlich gekürzt habe: „Politisch wie nie“ lautete die Überschrift der FBM-Abschluss-Pressemitteilung. Im Vorfeld wurde über die Messeteilnahme mehrerer teils sehr stark rechtslastiger Verlage heftig diskutiert und ich konnte im Vorfeld sowohl die Position der Messe als auch die Position der Kritiker nachvollziehen. Ich habe mir das ganze Treiben am Freitag einige Zeit angeguckt (was vermutlich nicht repräsentativ ist, da es zumindest offiziell noch keine „normalen“ Besucher gab) und muss sagen, der Plan der Messe, einen politischen Diskurs und eine aktive Auseinandersetzung zu erzeugen, hat mal so gar nicht geklappt. Und damit meine ich nicht mal die skandalösen Extrembeispiele (Rechte die Leute verkloppen, Linke die nachts einen Stand leergeräumt haben, beidseitige Pöbeleien). Nein, die einzelnen Verlage und ihre entsprechend eingestellten Besucher haben einfach ihr eigenes Süppchen gekocht und ihre Filterblase ausgelebt. Symptomatisch für unsere Zeit: Es wird extrem viel übereinander, aber kaum miteinander geredet – Und so wirklich will auch niemand miteinander reden


Okay, genug Politik für heute. Naja, fast, denn am Papierverzierer-Stand hab ich mich mit meinem Lieblingsautor Felix Münter (ich kann es ja nicht oft genug erwähnen, dass ich Ihn für den qualitativ & quantitativ effektivsten deutschen Phantastik-Autor (Link) unserer Zeit halte



Mantikore Verlag, welcher auf der Buchmesse ausländische Lizenznehmer für eben jene Münterschen Meisterwerke (Link) suchte – Was für eine grandiose Überleitung


Mit dem Thema Rollenspiel geht’s auch gleich weiter, denn der Branchenriese Pegasus war vor Ort. Dieser Verlag ist zwar primär für seine Brettspiele bekannt, doch mit „Call of Cthulhu“, „Shadowrun“ und neuerdings „7te See 2. Edition“ hat er drei mächtige und sich nicht gegenseitig kannibalisierende Lizenzen im Portfolio, welche zudem durch einen sehr günstigen Preis (nen Zwanni für ein mehrere hundert Seiten dickes, vollfarbiges Hardcover) in den Markt drängen. Da kam ich logischerweise nicht umhin mal den PR- & Presse-Beauftragten Peter nach den Gerüchten zu fragen, dass hier das Rollenspiel-Hobby durch die Brettspiele querfinanziert wird. Und mit einigen Beispielen legte er mir dar, dass sich die Rollenspiel-Abteilung komplett selbst trägt. Zudem unterhielten wir uns noch über die bereits erschienenen und kommenden „Shadowrun“-Romane (bald von deutschen Autoren) sowie Probleme und Chancen der einzelnen Produkt-Reihen. Ein sehr angenehmes und informatives Gespräch


Direkt daneben war der Stand von Cross Cult, diese hatten ihre zahlreichen Neuheiten dabei: Einerseits Romane, vor allem von Nnedi Okarafor (Link), die am Stand auch ihre tollen Romane widmete. Und andererseits Mangas, wobei sich die Comic-Spezialisten nicht mit den sonst in diesem Bereich üblichen Billig-Taschenbüchern zufrieden gaben. Nein, sie setzen auf ihre Stärken und bringen die Serien als dicke, hochwertige Hardcover-Sammelbände raus. Mir wurde aber mehrfach versichert, dass man den Graphic Novels treu bleiben möchte und es sich hier nur um eine sukzessive Portfolio-Erweiterung handelt.

Dann besuchte ich noch den Stand der Comicladies, welche ihre Serie „Geschichten aus der Erotikwelt“ (Link) weiter ausbauen. Man konnte schon einen Einblick in den kommenden dritten Band werfen, nach Wohnungsbordell und Escortservice arbeiten Fifi & Babsy bald in einem großen Etablissement. Mit der sympathischen Herausgeberin konnte ich mich gut unterhalten und auch meine Probleme mit der Reihe ansprechen, letztendlich sind hier aber einfach zwei grundsätzlich unterschiedliche Wertemodelle aufeinander getroffen

Offensichtlich sollte es den Diskurs anregen, denn gegenüber einer großen rechten Zeitung platziert war der Stand Frankfurter Indie-Comiczeichner. Deren Namen hab ich leider vergessen, aber das sah meist gar nicht mal schlecht aus – Obwohl der Comic über eine Mafia-Blowjob-Plastiktüte schon sehr, sehr, sehr verstörend war und bei den Rechten gegenüber zweifelsohne als entartete Kunst gilt... Zuletzt besuchte ich noch den beeindruckenden, wunderbar offenen Stand von Carlsen. Gerne hätte ich hier ein paar Fotos gezeigt, aber die sind leider alle nix geworden






Nicht unerwähnt bleiben darf mein sehr köstliches Mittagessen, bei dem ich mit einem Großhändler ins Gespräch über den Buchmarkt kam. Die Quintessenz: Keine Panik, noch immer wird mit Büchern (trotz mancher Verluste an Lesern, Verkäufen oder Erlösen) gut Geld verdient – Also keine Sorgen, auch nächstes Jahr gibt es wieder eine Buchmesse

