Aug 15: Chaos #1 – Ein Drittel Versprechen, zwei Drittel Prolog



Es herrscht Bürgerkrieg in einer postapokalyptischen Zukunft: Der technikfeindliche Patriarch, immerhin schon stattliche 129 Jahre alt, metzelt quasi im Alleingang die Verteidiger einer belagerten Stadt nieder. Ihm geht es nicht um Ruhm oder Raub, er will einfach nur den Einsatz eines per Dampfmaschine betriebenen Fahrzeugs verhindern – Denn selbst primitivste Technik ist für ihn Teufelszeug, das die „alte“ Welt in den Untergang gestürzt hat... Doch wie kam es überhaupt zu diesem Weltuntergang und warum ist der Patriarch so technikfeindlich? Genau diese Fragen will der erste von drei Bänden der „Chaos“-Trilogie klären. Der später mal radikale Patriarch heißt François Deschamps, ein ziemlich arroganter und schon damals zumindest fortschrittsfeindlicher und konsumkritischer Schulabgänger, der 2052 eigentlich nur sein Studium der Agrochemie beginnen will. Dass er das Auswahlverfahren als Bester bestanden hat, will er mit seiner Jugendfreundin Blanche Rouget feiern – Doch die ist gerade dabei, sich als laszive Sängerin Regina Vox dem Kommerz aufzuopfern. Das findet François natürlich gar nicht toll, aber noch ehe sich die beiden aussprechen oder gar versöhnen können, führt ein totaler Stromausfall zum Beginn der Endzeit...

Der erste Band der „Chaos“-Trilogie teilt sich im Prinzip in zwei Abschnitte auf: Das erste Drittel handelt vom postapokalyptischen Bürgerkrieg, die letzten beiden Drittel vom Weg in die Katastrophe. Ich will gar nicht drumherum reden: Dieses erste Drittel, also der Ausblick in die düstere Zukunft, retten die Geschichte vor der absoluten Mittelmäßigkeit. Nein, das ist eigentlich sogar untertrieben: Dieser ungemein atmosphärische Ausblick ist ein einziges Versprechen, eine Verlockung, eine Verheißung – Ich übertreibe nicht, wenn ich schreibe, dass er der einzige Grund ist, warum ich diese Serie weiter lesen werde! Nun bedeutet das im Umkehrschluss aber auch, dass die letzten beiden Drittel eben leider nicht meine Begeisterung wecken konnten. Das liegt dabei noch nicht mal an dem Setting, denn hier denkt Autor Jean-David Moran (beziehungsweise René Barjavel, der die Romanvorlage "Ravage" verfasste) die aktuellen Trends und Tendenzen unserer Welt konsequent weiter – Es ist absolut glaubhaft, dass unsere Welt im Jahr 2052 wirklich mal so aussehen könnte. Eigentlich also eine gute Grundlage, auf der er einen spannenden Prolog hätte aufbauen können. Nur tut er das leider nicht



Wo ich schon die Zeichnungen anspreche: Die sind durchaus gefällig im Prologteil und sehr atmosphärisch in der postapokalyptischen Zukunft. Gerade auch durch die stimmungsvolle Kolorierung. Ebenfalls gefällig ist wie immer die Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), welcher für 48 Seiten im Hardcover akzeptable 14,80 € verlangt.
Fazit: Der Trilogie-Auftaktband „Chaos #1“ (Link) besteht zu zwei Dritteln aus einem inhaltlich schwachen, vom Setting und den Zeichnungen her aber gefälligen Prolog. Das postapokalyptische Drittel ist dafür eine spannende, sehr atmosphärische Verheißung und sorgt dafür, dass ich letztendlich doch wissen will, wie es weitergehen wird.
Posted by Philipp Lohmann
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