Mar 1: Shadowrun: Alter Ego – Leben und Sterben im anarchistischen Berlin
Es gibt wohl kein Rollenspiel, zu dem ich ein so ambivalentes Verhältnis habe wie zur Cyberpunk-Würfelorgie „Shadowrun“ (Link). Einerseits ist das taktikorientierte Abenteuerdesign wie für mich gemacht, andererseits werde ich einfach nicht mit den Fantasy-Elementen warm. Und so konnte ich mich – obwohl ich es aufrichtig versucht habe – nie wirklich für die neue Roman-Reihe von „Pegasus Spiele“ begeistern. Quasi durch Zufall landete ich dann aber in einer „Alter Ego“-Lesung des Autors Mike Krzywik-Groß (Link) – Und was ich da hörte, gefiel mir irgendwie: Ein abgehalfterter Privatschnüffler, der für eine geheimnisvolle Schönheit im dystopischen Morast des anarchistischen Zukunfts-Berlin wühlen sollte? Das klang dann irgendwie doch ganz spannend...
Paul Dante, so heißt der Privatschnüffler, hat schon sehr viel bessere Tage erlebt. Er ist von seinem Job ausgebrannt – Und das kann man im „Shadowrun“-Setting wortwörtlich nehmen, denn nach Jahrzehnten als erfolgreicher Magier-Runner kriegt er jetzt kaum noch die einfachsten Grundschulzauber zustande. Aber er hat Glück: Seine Gelegenheitskomplizin Aggi, eine neoanarchistische Cyberdeckerin, hat ihm einen vermeintlich simplen Auftrag verschafft. Mailin Novak, eine Karrieristin aus einem Megakonzern, vermisst ihren Liebhaber. Der war ein engagierter Lokalpolitiker und ist nun wie vom Erdboden verschwunden, was umso dramatischer erscheint, da in seinem Bezirk immer mal wieder Leute einfach verschwinden... Die „Shadowrun“-erprobten LeserInnen können es sich schon denken: Das wird nicht die schnelle, einfache Vermisstensuche, die Paul gern hätte

„Shadowrun: Alter Ego“ wirkt von seinem Ablauf her wie ein typischen Rollenspiel-Abenteuer: Erst wird ein wenig ermittelt und ein Team zusammengestellt, dann organisiert man einen Run, der läuft natürlich nicht wie geplant, weil verschiedenste Interessengruppen wie Megakonzerne und Geheimdienste mitmischen – Und was anfangs wie ein leichter Job aussah, mündet letztendlich in der Rettung der Welt



Eine weitere Gratwanderung, die Mike Kryzwik-Groß gelingt, ist das Story-zu-Action-Verhältnis. Denn sind wir ehrlich, das ist ein „Shadowrun“-Roman, da muss es ordentlich krachen



Fazit: „Shadowrun: Alter Ego“ (Link) ist ein gelungener Cyberpunk-Thriller, der dem Setting entsprechend viel Balleraction und „Shadowrun“-Schnickschnack enthält



PS: Und als guter Privatschnüffler weiß Paul Dante natürlich, dass man immer mehrere Quellen braucht. Daher verweise ich gerne auf die Würfelheld-Rezension (Link).
Posted by Philipp Lohmann
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