Mar 3: LABYRINTH: Krieg gegen den Terror, 2001 - ? – Asymmetrische (Solo-)Politiksimulation


„LABYRINTH: Krieg gegen den Terror, 2001 - ?“ ist eine Konfliktsimulationen für ein bis zwei SpielerInnen. Wobei das Wort Konfliktsimulation irgendwie gar nicht richtig umschreibt, worum es hier eigentlich geht – Politiksimulation würde viel besser passen! Denn diese CoSim ist eben kein ultrarealistisches Kriegsspiel, bei der man real existierende Truppenverbände über sechseckige Schlachtfelder schickt, sondern vielmehr eine abstrakte Simulation von Geheimdienstarbeit und Diplomatie. Auf der einen Seite stehen islamistische Terrorgruppen, welche versuchen, die islamische Welt nach ihren Vorstellungen umzuformen. Hierzu setzen sie auf die Rekrutierung neuer Terrorzellen, auf öffentlichkeitswirksame Anschläge und natürlich auf Errichtung einer islamistischen Herrschaft mittels eines Dschihads. Auf der anderen Seite stehen die US-Amerikaner, welche die bedrohten Staaten politisch stabilisieren wollen und dafür auch gern mal ihre Armee hinschicken...

Wie man aus der Szenariobeschreibung erahnen kann, handelt es sich hier um eine sehr asymmetrische CoSim – Denn entsprechend ihrer unterschiedlichen Ziele (USA: Viele zuverlässige Partnerländer & terroristenfreie Welt; Islamisten: Viele islamistische oder sehr schwache Länder & Anschlag mit Massenvernichtungswaffen in den USA) spielen sich die beiden Konfliktparteien grundsätzlich verschieden. Dabei ist der grundlegende Rundenablauf jedoch gleich: Die beiden Konfliktparteien ziehen jeweils bis zu neun Karten vom gemeinsamen Kartenstapel, von denen sie dann abwechselnd (stets beginnend mit dem Islamist) jeweils zwei Stück ausspielen. Mit jeder Karte kann man dann entweder das entsprechend aufgedruckte Ereignis abhandeln (z.B. würde die Karte „Sanktionen“ die Finanzierung der Islamisten um zwei Punkte verringern) oder aber deren aufgedruckten Operationswert dafür verwenden, um eine Operation (z.B. ein Regimewechsel oder eine Truppenverlegung bei den USA oder eine Zellenrekrutierung oder einen Dschihad bei den Islamisten) durchzuführen. Sollte es sich um eine „gegnerische“ Karte handeln, wird deren aufgedrucktes Ereignis trotzdem abgehandelt. Und hier bemerkt man dann spätestens die asymmetrischen Spielmechanismen: Je instabiler die jeweilige Regierung des Ziellandes, umso höher muss der Operationswert sein – Dafür klappt eine US-Operation dann aber auch. Bei den Islamisten ist der Operationserfolg dagegen nicht garantiert: Sie müssen mittels Würfelprobe feststellen, ob ihnen beispielsweise ein Anschlag gelingt. Dabei ist die 3W6-Probe umso leichter, je instabiler die Regierung des Ziellandes ist.
Wie schon weiter oben geschrieben, bei „LABYRINTH: Krieg gegen den Terror, 2001 - ?“ handelt es sich trotz der Thematik nicht um ein Kriegsspiel: Einen offenen Schlagabtausch gibt es in keinem der vier Szenarien. Stattdessen stehen den beiden Kontrahenten zahllose politische und geheimdienstliche Optionen zu Verfügung (nicht umsonst gibt es beispielsweise 120 Spielkarten), die unterschiedlichste Vorgehensweisen ermöglichen. Die USA können so ein Spiel etwa sowohl rein über Diplomatie gewinnen als auch mittels dem massiven Einsatz von Armeen. Dabei scheint diese CoSim trotz der asymmetrischen Spielmechanik und trotz des hohen Glücksfaktors auf der islamistischen Seiten gut ausbalanciert zu sein. Ich kann es jedoch, nach einigen Testspielen im überraschend gut funktionierenden Solo-Modus, noch nicht mit Sicherheit sagen – Aber bei den 2018er Weltmeisterschaften (Link) lagen die recht ausgeglichenen Turnierergebnisse bei 8 US-Siegen zu 12 Islamisten-Sieg.

Um aber auch nur halbwegs eine Chance bei irgendeinem Turnier zu haben, sollte man sich erst einmal gründlich in die Spielregeln einarbeiten. Und das dauert... Ich will gar nicht verhehlen, dass sich diese CoSim wirklich viel Mühe gibt: Neben dem eigentlichen Regelwerk (20 Seiten, CoSim-typisch mit Unter-Unterpunkten zu Unterpunkten, etwa 9.4.2.6.2


Die Übersetzung von „Udo Grebe Gamedesign“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) ist insgesamt geglückt, denn ich habe lediglich vernachlässigbare Fehlerchen gefunden. Jedoch hat es mich trotz doppelseitigem Übersetzungszettel dann doch gestört, dass der ein wenig überbordend designte Spielplan und die zahlreichen Pappplättchen in englischer Sprache vorlagen. Klar, ich sehe ein, dass sich eine Komplett-Lokalisierung bei einer so kleinen deutschen Auflage nicht lohnt, aber ich wollte halt einfach mal rummeckern


Fazit: Ich glaube, man konnte bisher herauslesen, dass ich von „LABYRINTH: Krieg gegen den Terror, 2001 - ?“ (Link) ziemlich angetan bin. Ja, es ist sehr komplex und ja, es ist ein sehr streitbares Szenario. Aber das asymmetrische Spielprinzip, die zahlreichen taktischen Möglichkeiten und nicht zuletzt der gut funktionierende Solo-Spielmodus machen diese Politiksimulation, deren Fokus auf Diplomatie und Geheimdienstarbeit liegen, zu einem echten Geheimtipp nicht nur für CoSim-Fans

Posted by Philipp Lohmann
in Karten-, Brett- & Miniaturenspiele