Jun 29: Der Gesang der Strygen #18 Mythen – Endlich das Ende



In der Einleitung habe ich ja geschrieben, dass „Der Gesang der Strygen“ eine Urban-Mystery-Reihe sei. Das ist aber nur zum Teil richtig, denn tatsächlich zeichnete sich die Serie dadurch aus, dass sie mit jedem sechsbändigen Zyklus das Genre wechselte. Im ersten Zyklus (Link) gab es noch klassische „Akte X“-Mystery, bei der man sich die ganze Zeit fragte, ob es die geflügelten Monster und die Verschwörung drumherum eigentlich wirklich gibt. Der zweite Zyklus (Link) wechselte dann zu trashigem Action-Pulp, welcher sich durch deutlich mehr Nackt- und Gewaltszenen von seinem Vorgängerzyklus abzuheben versuchte. Der dritte Zyklus (Link) setzte dann auf klassische Urban-Mystery mit einem Fokus auf Intrigen, Verrat und wechselnde Bündnisse, nur um im nun erschienenen Abschlussband das Genre radikal zu ändern: Jetzt ist hier nichts mehr Mystery, jetzt gibt es reinrassige Post-Apokalypse

Aber nicht so schnell, drehen wir die Uhr nochmal zurück: Im ersten Zyklus suchen der wegen einem mutmaßlichen Anschlag auf den US-Präsidenten erst entlassene, dann gejagte Sicherheitschef Kevin Nivek sowie die Profikillerin Debrah Faith anfangs unabhängig voneinander, dann gemeinsam mit einem kleinen Team nach den Hintergründen. Dabei kommen sie den sogenannten Strygen (uralte, geflügelte Monster) auf die Spur, welche mit den höchsten Entscheidungsträgern aus Politik und Wirtschaft verflochten sind. Letztendlich konnten die Protagonisten deren Existenz zwar beweisen, doch gab es nach dem sechsten Band mehr als genug offene Fragen und Handlungsfäden… Sieben Jahre später hat sich das Team im zweiten Zyklus zerstreut: Kevin kümmert sich um seine totkranke Freundin, welche jedoch von ihrem Vater entführt wird. Debrah dagegen kämpft mit ihrer Exkollegin Jill gegen den mutmaßlichen Strygen-Verbündeten Weltman, welcher seinerseits Debrahs Killerorganisation angreift. Im Verlauf der sechs Bände, in denen viele Hintergründe über die Strygen enthüllt werden, wechseln öfters mal die (Zwecks-)Bündnisse – Letztendlich gelingt es der hier nun zur alleinigen Hauptfigur aufgestiegenen Debrah, Weltman zu töten und seinen Platz einzunehmen... Der dritte Zyklus begann erneut mit einem siebenjährigen Zeitsprung: Debrah hat Weltmans Organisation, deren Kopf sie jetzt ist, zerschlagen. Mit seinen Ressourcen und einem neuen Team macht sie aber weiterhin Jagd auf die Strygen. Kevin hat dagegen mit mit der Gefängnispsychologin Dr. Shelton angebandelt – Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer, weil das magisch begabte Hybrid-Geschwisterpaar Celia & Abel den wahnsinnigen Killer Carson befreit hat, der sich durch den gesamten Zyklus schnetzelt. Im Prinzip sind alle hinter einer schwangeren Stryge her, wodurch es im 17. Band zu einem weltvernichtenden Showdown in der Strygen-Mutterhöhle kommt.
Und eben dieser Showdown hatte es damals in sich: Denn letztlich eskaliert die Situation und plötzlich geht die ganze Welt in einer Flut aus Stein und Feuer unter... Na, da kann man doch verstehen, warum die Wartezeit zwischen den Bänden 17 und 18 quälend lang war

Im Prinzip passiert in diesem Abschlussband dann gar nicht mehr so viel: Pseudophilosophisches Meta-Geschwafel (Menschen können gut, aber auch böse sein... No shit, Sherlock!) wechselt sich immer wieder ab mit kurzen, öfters mal auch gewalttätigen Intermezzos mit anderen Überlebenden. Denn ausgerechnet der verrückte Killer Carson hat den Weltuntergang ebenfalls überlebt; und nun macht er als Stammesanführer Jagd auf die Heldentruppe und den letzten Strygen... Es ist halt eine genretypische Reise in der Post-Apokalypse


Was mich aber persönlich, über die gesamten 18 Bände betrachtet und damit auch speziell an diesem Abschlussband, am meisten stört, ist der liederliche Umgang des Autors mit seiner Protagonistin. Um ganz offen zu sprechen: Debrah ist dem Autor scheißegal! Über die 18 Bände hinweg, also über fast 900 Seiten, ist die wichtigste Hauptfigur (!!!) kaum mehr als ein in ihrem Lack-Leder-Latex-Fummel zwar hübsch anzuschauendes, aber doch leeres Gefäß. Ja, sie öffnet sich im Abschlussband der Liebe; aber dann nutzt Corbeyran das nicht für eine Charakterentwicklung, sondern lediglich für den sexistischen Gag, dass sie nach dem vollzogenen Beischlaf endlich mal gute Laune hat... Dabei kann der Autor doch eigentlich gut schreiben, wie er mit dem langfristigen, verzweigten Handlungsbogen der 18 Bände gezeigt hat.
Aber sei es drum, ich lass mir doch jetzt nicht von den altbekannten Schwächen dieser Comicserie den Lesespaß vermiesen



Fazit: Auch der 18. Band „Mythen“ (Link) hat wieder die gleichen Stärken und Schwächen der gesamten „Der Gesang der Strygen“-Reihe (Link). Aber wie schon in den bisherigen 17 Bänden überwiegen die Stärken deutlich, sodass ich diesen gelungenen Abschlussband einer gelungenen Mystery-Reihe weiterempfehlen kann

Posted by Philipp Lohmann
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