May 22: Kurztest: Berserker Unbound



Ein namenloser Barbarenkrieger, der mit seinen riesigen Waffen und noch riesigeren Muskeln an eine Conan-Karrikatur erinnert, findet Frau und Kind dahingemetzelt vor. Schuld ist ein fieser Zauberer, der mit seinen Berserker-Banditen die arg trostlose Fantasy-Welt terrorisiert. Klar, dass der Barbarenkrieger nach Rache sinnt. Doch die wird ihm anfangs verwehrt, gerät er doch in eine Art Wurmloch, welches ihn an den Rand einer modernen US-Metropole der Gegenwart teleportiert. Dort trifft er den obdachlosen Einsiedler Joe Cobb, mit dem er sich – trotz einer schier unüberwindlichen Sprachbarriere – langsam anfreundet. Doch das Böse ist nicht fern...

Vier US-Einzelhefte umfasst dieser abgeschlossene Sammelband und entsprechend passiert jetzt nicht all zu viel an packender Handlung. Aber das Bisschen, das passiert, das ist wirklich gut! Und das ist umso überraschender, bleibt der Auftakt doch recht nah an Genre-Klischees (brutale Kämpfe hochgezüchteter Muskelprotze in trostloser Umgebung), was erstmal recht unspannend ist. Doch sobald es ab in die Gegenwart geht, blüht „Berserker Unbond“ so richtig auf! Gerade der Obdachlose Joe ist, obschon er des geringen Comic-Umfangs wegen keine ausufernden Dialogzeilen erhält, eine interessante Figur. Und so nimmt man ihm seine Annäherung an den namenlosen Barbarenkrieger durchaus ab. Mitunter wird es hier sogar dezent witzig, etwa wenn die beiden „dank“ der Sprachbarriere permanent aneinander vorbei reden (während Joe einfach nur zur Obdachlosenspeisung will, glaubt der Barbarenkrieger, er würde ihn zu seinem Erzfeind führen) oder wenn sie sich gegenseitig aus ihrer jeweiligen kulturellen Perspektive betrachten (Joe hält das Barbaren-Outfit für einen Fetisch, der Barbarenkrieger fragt nach dem Lehnsherr der Obdachlosen). Die Annäherung der Protagonisten ist dann auch wesentlich interessanter als die sehr blutigen Kämpfe, wobei man hier aber zugestehen muss, dass diese durchaus unterhaltsam inszeniert sind.

Die Inszenierung ist dann auch ein gutes Stichwort, denn der Künstler Mike Deodato Jr. erschafft hier gemeinsam mit dem Koloristen Frank Martin eine wirklich dichte, brutale Atmosphäre. Wirklich toll gemacht, da hab ich einfach nichts zu meckern

Fazit: Jeff Lemire hat es wieder geschafft! Er hat sich ein Genre zu eigen gemacht


Posted by Philipp Lohmann
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