Eine Frage an die Popkultur-Fans da draußen: Wie heißt die beste SciFi-Serie des letzten Jahrzehnts? Klar, „The Expanse“. Und welcher war der beste Einzelband der beiden Cyberpunk-Geschwisterserien „Travis“ & „Carmen Mc Callum“? Auch da muss niemand lang überlegen, natürlich „Die Kirkwoodlücke“, der 8. Band (Link) rund um die taffe Supersöldnerin Carmen. Welch Freude also, dass „Operation Gorgone“, der Abschlussband des 5. „Travis“-Zyklus, haargenau in diese Kerbe schlägt und so einen phantastischen SciFi-Politikthriller liefert! Wir erinnern uns, das Thema Gen-Manipulation und Mutanten-Versklavung nimmt einen immer größeren Platz ein in den dystopischen Zukunftsvisionen des Cyberpunk-Comicgenies Fred Duval. Im tiefsten Russland gezüchtet, werden die überlebenden Ergebnisse gruseliger Gen-Experimente in den tiefsten Weltraum geschickt, um gefährliche Bergbau-Arbeiten auszuführen. Eine ganze Reihe an Unwilligen hat sich zur Rebellengruppe GVL zusammengeschlossen, welche für eine eigene Mutanten-Nation im Weltraumgürtel kämpft. Und „Kampf“ ist das richtige Stichwort, denn neben kleineren Terror-Aktionen (etwa die Geiselnahme zu Zyklus-Beginn in Europa (Link)) haben sie mittlerweile mehr als genug Material zusammengerafft, sodass sie sogar eigene Kampfraumschiffe bauen können, welche selbst schwere Kriegskreuzer mit waghalsigen Nadelstichangriffen zum Absturz bringen. Blöd nur, dass nicht nur der tollkühne Protagonist Travis zwischen die Fronten gerät, sondern auch die titelgebende Gorgone – Eine unbekannte Alien-Lebensform, welche in den richtigen Händen tatsächlich für eine bessere Zukunft (in Form sauberer Weltmeere) sorgen könnte. Aber wie es halt so ist in der düsteren, ultra-turbokapitalistischen Zukunft der 2050er, streiten sich nun allerlei politische, privatwirtschaftliche & kriminelle Fraktionen um das größte Stück vom Kuchen... „Operation Gorgone“ ist ein „Travis“-Band, der mir endlich mal wieder völlig uneingeschränkt Freude bereitet. Das liegt zugegebenermaßen auch daran, dass ich die ganze Zeit an die verdächtig ähnliche „The Expanse“-Streamingserie denken musste. Vor allem aber liegt es am Protagonisten Travis höchstselbst. Denn endlich steht der Titelheld mal wieder im Mittelpunkt, nachdem er im Verlauf der Comic-Reihe immer weiter in den Hintergrund trat. Schon im 4. Zyklus (Link) ging es ja lediglich darum, dass er von seinem Ex-Feind Vlad (viel mehr noch als der Hacker Pacman der neue Protagonist der Reihe) gesucht wurde, weil er während des mexikanischen Freiheitskampfes untergetaucht war. Gerade im Vorgängerband „Die Frau, die zu viel wusste“ (Link) war er dann schon nur noch eine wage Erinnerung, die in all dem (zugegeben unterhaltsamen) Geballer unterging. Aber jetzt ist er zurück! Klar, auch dieser Band fügt seinem Charakter kaum noch neue Aspekte hinzu – Diese Figur ist einfach auserzählt, und deshalb ist sein Rücktritt in die zweite oder eher sogar dritte Reihe gar nicht so schlimm. Aber hier kann er dann doch noch einmal glänzen, als würde er sich ein letztes Mal aufbäumen und den Comic-Fans zurufen „Erinnert euch an mich als Held!“ ;-) Wobei er, und das ist sein großer Vorteil gegenüber Carmen Mc Callum aus der Schwesterserie, bei aller unbestreitbarer Kompetenz doch immer noch glaubwürdig geblieben ist – Wo Carmen wie eine Superheldin eine ganze Armee im Alleingang wegräumt, schlägt Travis schon bei wesentlich kleineren Hindernisse fehl. Und das macht ihn sympathisch :-) Sympathisch trifft es übrigens auch gut, wenn man den Zeichenstil beschreiben würde, denn Christophe Quet hat einen (gerade bei den Figuren) rasch wiedererkennbaren Stil. Dazu liefert Pierre Schelle absolut solide Kolorierungen. Und ich mag das, weshalb ich diesen 16. Band nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch ziemlich gut finde. Es ist einfach schön, dass der kleine Augsburger Verlag „Bunte Dimensionen“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) weiterhin an dieser langlebigen Reihe festhält. Fazit: „Travis #16 Operation Gorgone“ (Link) ist ein super unterhaltsames Wiedersehen mit ihrem sich in letzter Zeit deutlich rarer machenden Titelhelden. Ein toller Abschluss eines tollen 5. Zyklus!
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