Für die Comic-Schmiede MARVEL war dieses Jahr eher gemischt. Klar, in ihrer Nische sind sie sowohl im gedruckten Business als auch bei den Verfilmungen noch der Maßstab, aber so ganz rund läuft der Kreativitätsmotor dann doch nicht mehr. Bei den 2025er „Eisner Awards“ war man quasi bedeutungslos und auch die (im Vergleich zu den Vorjahren oft deutlich sehenswerteren) MCU-Kinofilme haben allesamt enttäuschend performt. Lediglich im Streaming konnten MARVEL-Produktionen überzeugen, denn neben dem überraschend guten „Daredevil: Born Again“ (welches aber trotzdem bei weitem nicht so gut war wie das Netflix-Original) konnte auch das im Sommer unspektakulär versendete „Ironheart“ gute Zahlen erreichen, obwohl wieder mal ein paar Idioten gereviewbombet haben. Ich war von der Serie zugegebenermaßen nur so mittelmäßig begeistert, vor allem auch, weil ich hier mit „Ironheart: Riri Williams“ ebenfalls eine Origin-Story vorliegen habe, die so viel besser gewesen ist als der Teufelsquatsch im Fernsehen ;-)
Das Supergenie Riri Williams ist so ultra-hochbegabt, dass sie bereits mit 15 Jahren einen eigenen Iron Man-Anzug gebastelt hat, um den Tod ihrer einzigen Freundin und ihres Stiefvaters zu verarbeiten. Das rückt sie in den Fokus des Interesses von Tony Stark einerseits und der SHIELD-Geheimorganisation andererseits, welche im Verlauf des 256 Seiten starken beziehungsweise 11 US-Einzelhefte umfassenden Sammelbandes um ihre Gunst buhlen. Gerade Stark, der nun im Koma liegende ehemalige Iron Man, entwickelt sich in Form einer KI-Kopie seines Verstandes rasch zu einer Art Mentor für Riri. Und das ist auch bitter nötig, denn allerlei Bösewichte haben es sowohl auf sie selbst als auch auf die rechtliche Nachfolge des Stark-Imperiums abgesehen. Aber das ist fast nur eine Ablenkung, denn im Ostblock-Staat Latveria baut sich eine neue Macht auf, die auch vor Anschlägen nicht zurück schreckt. Aber hey, wir haben ja Ironheart, die regelt das schon. Und zwar so gut, dass sie sich im kindlichen Übermut zur neuen Königin hochputscht...
„Ironheart: Riri Williams“ ist keine klassische Origin-Story, sondern zeigt die ersten Schritte im Leben ihrer Superheldinnen-Karriere. Durch allerlei Rückblenden wird uns die Protagonistin jedoch Schritt für Schritt nähergebracht, sodass man rasch Sympathien für diese immer ein wenig zu kluge und zu fangirlige junge Frau entwickeln. Auch dem Rest der Welt (wie bei allen großen Superhelden-Franchises gibt es ja fortlaufende Geschichten und sich überschneidende Handlungsstränge) kann man hier ganz gut folgen, auch wenn ich erst einmal irritiert war, dass plötzlich eine neue Tony-Mutter aus dem Hut gezaubert wurde, dass Pepper jetzt auch eine Rüstung trägt und dass der Spiderman-Dauercrush Mary Jane zur Konzern-Assistenz aufgestiegen ist. Das crazy, wie man so schön sagt, genau wie dass nun alle wichtigen Positionen innerhalb der Geschichte (inklusive SHIELD, obwohl ein Nick Fury existiert, und sogar Doc Ock) von Frauen eingenommen wurden. Was mich nicht stört, im Gegenteil, ich hab sogar Verständnis dafür, weil hier natürlich auch neue Zielgruppen erschlossen werden sollen. Und mehr Comiclesende, die nicht nur Klischee-Kellerkind-Nerdmänner sind (und ich nehme mich bei dieser Beschreibung nicht aus), sind natürlich immer gut für die gesamte Nerd-Kultur. Also Daumen hoch, sowohl für die konzeptionelle Ausrichtung dieses hübsch gezeichneten Comic-Sammelbandes als auch für die Geschichte an sich, die mich wirklich gut unterhalten hat! Und natürlich für „Panini Comics“, dass sie mir einerseits ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten und dass sie diesen Band andererseits für 19 € verkaufen, was für einen so dicken Comic ein echt fairer Preis ist.
Fazit: „Ironheart: Riri Williams“ (Link) ist einerseits ein wirklich unterhaltsamer Superhelden-Comic, der trotz mitunter tragischen Story-Twists eine grundlegende Fröhlichkeit mitbringt. Und andererseits ist eine tolle Einführung in die Figur der Riri Williams, die so viel besser gelungen ist als in der Streaming-Serie oder gar dem missglückten „Black Panther 2“-Gastspiel. Daher wirklich Daumen hoch!
