Bei der Rezension des ersten „Fineprint“-Sammelbandes habe ich Stjepan Sejic noch vollmundig als die Comic-Variante vom Meisterregisseur Zack Snyder verglichen: Schauwerte ohne Ende, aber wenn auch noch der Autorenjob übernommen wird, dann wird ein wenig zu sehr am kreativen Rad gedreht... Nicht, dass ich damit die Lesefreude an Sejics Werken schlechtreden will, denn nicht ohne Grund habe ich mich gerade erst am „Sonnenstein“-Bildband-Crowdfunding mit viel zu viel Geld beteiligt ;-) Aber das soll halt nicht davon ablenken, dass ich manchmal glaube, dass er sich zu viele Gedanken um irgendwelche Story-Twists macht, damit er irgendeinen Grund hat, gleich noch eine Sexszene mehr in die eh schon sexreichen Geschichten einzubauen. Aber hey, es geht hier immerhin um ein Götter-Drama rund um ausufernde Sexverträge, das zugleich auch noch in der BDSM-Welt der „Sonnenstein“-Comics spielt. Klar, dass es hier nackte Haut von kopulierenden, durchweg normschönen Personen aller möglichen Geschlechter in Hülle und Fülle gibt.
Okay, versuchen wir mal den ersten Sammelband (Link) zusammenzufassen, bei dem ich wohl wieder mal die negativste Rezension im ganzen Internet geschrieben habe... Daher wie immer erst einmal ein dickes Dankeschön an „Panini Comics“, dass sie mir trotzdem den zweiten Band geschickt haben :-) Also es geht jedenfalls um das Modell Laura, die eine echt gute Beziehung ordentlich in den Sand gesetzt hat. Ihr Exfreund will sie nun nicht mehr zurück, was für allerlei Herzschmerz sorgt – Und wir wissen, Herzschmerz ist (neben nackten Menschen mit kinky Attitüde) eben genau das Markenzeichen und auch Qualitätsmerkmal von Stjepan Sejics Comics. Jedenfalls hat sie Glück im Unglück, denn sie trägt mystisches Ambrosia in sich, mit dem sie den göttlichen Samen der griechischen Gottheiten befruchten kann, wenn sie nur jahrelang großartigen Sex mit Sukkuben und Inkuben hat. Als Bonusfeature flauen dabei auch noch ihre romantischen Gefühle und damit die Trennungsschmerzen ab. Und warum? Weil ja eh niemand mehr an Gottheiten glaubt, daher eben der Umweg über Sex. Und das klingt jetzt vielleicht wie der feuchte Traum eines pubertierenden Teenagers, ist aber in Wirklichkeit ein knallhartes Business mit Ranglisten und internen Machtspielchen, bei der die Sukkubus Leliah und der Inkubus Thadeus um ihre Gunst werben...
Klingt alles ein wenig verrückt? Ist es auch! Und es wird einfach noch viel verrückter, denn nach mehr oder minder missglückten Vertragsverhandlungen (ja genau, göttliche Samenbefruchtung ist ein knallhartes Business) müssen nun alle beide ran. Und Lauren hat da richtig Bock drauf, denn göttlicher Sex ist natürlich nochmal meilenweit besser als die Liebesspiele mit ihrem Exfreund. Doch ihr Körper tut sich immer schwerer, diese göttlichen Orgasmen auszuhalten, was irgendwann auch ihr berufliches & privates Leben negativ beeinflusst. Zugleich wird in der Götterwelt weiterhin intrigiert, wobei das zugegeben alles auf die Niveau einer Telenovela oder Seifenoper bleibt... Womit der zweite „Fineprint“-Sammelband, immerhin wieder stolze 224 Seiten beziehungsweise neun Kapitel dick, eigentlich auch wirklich gut beschrieben ist: Seifenoper, nur halt mit einer abgedrehten Fantasy-Story, welche die zahlreichen Sexszenen irgendwie halbwegs sinnvoll zusammenhält.
Klingt jetzt nicht so toll, ist es auch nicht – Beim teuflischen Amazon steht der Band ziemlich genau 4 Monate nach dem Erscheinungsdatum bei glatten 5/5 (also bis gleich, wenn ich meine vier Sterne vergebe, rutscht es etwas ab). Das hat er natürlich nicht verdient, da sind wir uns alle einig. Gleichwohl muss ich aber zugeben, dass mir dieser Band einen Tick besser gefallen hat als der Vorgänger. Denn die Geschichte wirkt nun ein wenig harmonischer, alles fügt sich trotz aller Verrücktheit irgendwie langsam zusammen. Und dazu kommen natürlich wieder die tollen Zeichnungen von Stjepan Sejic. Ja, auch hier merkt man, dass er in manche „unwichtigen“ Panels etwas weniger Liebe steckt als sonst, aber ich kenne trotzdem keinen anderen Zeichner (bewusst nicht gegendert), der so viel Saukram so niveauvoll zu Papier bringt. Noch dazu sind die Gestik, vor allem aber die Mimik sämtlicher Figuren ein echtes Highlight. Und damit gibt es diesmal ein deutlich positiveres...
Fazit: „Fineprint #2“ (Link) ist auf dem richtigen Weg! Es ist immer noch großer Quatsch und es ist immer noch chaotisch, aber es „fühlt“ sich irgendwie besser an. Eigentlich würde ich so ziemlich genau 3,5 von 5 Sternen vergeben, was ja noch deutlich unter der 5/5-Mainstream-Meinung ist, aber weil morgen Weihnachten ist runde ich mal generös auf 4/5 auf. Fröhliche Weihnachten <3
