Comics sind Eskapismus. Aber Comics können noch so viel mehr sein! Sie können über Sachverhalte aufklären oder einfach nur Denkanstöße geben – Und das für die meisten Lesenden niedrigschwelliger verpackt als beispielsweise eine Textwüste auf Wikipedia oder in einem klassischen Sachbuch. Positive Beispiele gibt es viele, etwa die gezeichnete Reportage „Liebe deinen Nächsten“ (Link), und auch „Auf und ab: Psychische Krisen ausbremsen“ wird wohl in Zukunft als ein solches genannt werden – Damit spoilere ich zwar jetzt das Fazit, aber egal ;-) Der 16-jährige Noah durchlebt gerade so einer Art perfekten Sturm, um in eine schwere psychische Krise abzustürzen: Er zieht sich immer weiter zurück in sein vermülltes Zimmer, da er zugleich unter schwerem Leistungsdruck als auch unter einem komplizierten sozialen Umfeld leidet. Denn seine Schulkameraden hänseln ihn einerseits, weil er emotionaler als der Rest ist, andererseits bringen sie ihn mit seinem Schwarm Mira in eine kompromittierende Situation. Kann er die aufkeimende Beziehung retten und vor allem, kann er irgendwie aus seinem emotionalen Tief befreit werden? Das ist sozusagen die Aufgabe der Lesenden, welche nach einer Einführung in den wunderbar glaubwürdig, weil ambivalent porträtierten Protagonisten Noah und seine Lebenssituation vor die Entscheidung gestellt werden, wie die Geschichte ausgehen soll. Soll Noah mit Gleichaltrigen, hier besonders Mira, den Kontakt suchen? Soll er lieber erst einmal der Schule fernbleiben? Oder vielleicht mit einer Bezugsperson reden, welche ebenfalls schon mit psychischen Krisen zu tun hatte? Nun werden die regelmäßig meinen Blog Lesenden vielleicht an ein Spielbuch denken. Das ist „Auf und ab“ aber nicht, diese Entscheidung am Wendepunkt der Geschichte bleibt die einzige Wahlmöglichkeit. Hier hätte man das Konzept vielleicht ein wenig ausbauen können, etwa indem man mehr und vielleicht „schlechte“ Möglichkeiten ermöglicht. Denn die Geschichte wendet sich in jedem Fall zum Guten, egal wie man sich entscheidet – Das mag aus pädagogischer Sicht ganz großartig sein, denn „Auf und ab“ soll ja ein niedrigschwelliger Zugang für Menschen sein, die sich mit psychischen Krisen noch nie auseinandergesetzt haben. Ein wenig unbefriedigend ist es dann aber schon, weil es so wirkt, als würde sich alles in Wohlgefallen auflösen. Vermutlich will ich aber einfach nur noch mehr der liebevollen, sehr cartoonigen Zeichnungen von Max Hillerzeder sehen ;-) Da klingt es jetzt paradox, dass ich froh bin, dass das 120 Seiten starke Buch „nur“ zu zwei Dritteln aus dem eigentlichen Comic besteht. Der Rest sind „Erhellende Gedanken“, quasi ein Glossar, in welchem die entsprechenden psychologischen Buzzwords (welche die Katze Mürrischli, der heimliche Star des Comics, aus dem Off kommentiert) leicht verständlich, aber fachlich fundiert erklärt werden. Dieser Glossar rundet den Comic perfekt ab, der damit eine wirklich gute Mischung aus Informationen und Unterhaltung bietet. Und daher verwundert es nicht, jetzt gibt es ein überaus positives... Fazit: „Auf und ab: Psychologische Krisen ausbremsen“ (Link) ist der vielleicht wichtigste Comic, der dieses Jahr auf den Markt kam. Niedrigschwellige Informationen, ansprechend verpackt, zu einem der drängendsten Probleme unserer Zeit. Klare Kaufempfehlung, nicht nur für Jugendliche und deren Eltern!
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