Deutschlands liebstes Zweit-Rollenspiel (zumindest gefühlt, aber vermutlich wirklich) bekommt nun auch eine Starterbox. Braucht man das denn? Einerseits haben wir hier ja ein eher regelleichtes, erzählerisches System, dessen Einstieg (auch dank zahllosem verlagsseitigen Gratismaterial) vergleichsweise simpel ist. Andererseits haben aber spezielle Einstiegsprodukte wie Starterboxen oder, um im „Cthulhu“-Kontext zu bleiben, der „Einstiege ins Entsetzen“-Abenteuerband (Link) bewiesen, dass man damit wirklich Neulinge fürs Hobby begeistern kann. Also schauen wir uns die Box doch mal an. Für knapp 25 € bekommt man eine stabile Pappbox, die im Verhältnis zu vielen anderen Starterboxen (etwa im Vergleich zum D&D-Platzhirsch) vergleichsweise dünn, aber auch vergleichsweise schwer ist. Hier wird kein Platz verschwendet, das Ding ist randvoll mit Spielmaterial! Enthalten sind neben einem schlichten 08/15-Würfelset:
- Das Solo-Spielbuch „Allein gegen die Flammen“ mit einem Umfang von 270 Abschnitten auf 56 Seiten. Die Story ist dabei absolut typisch, man strandet in einem kleinen Dörfchen und muss alsbald um sein Leben fürchten. Also im Prinzip dasselbe Konzept wie in „Allein gegen die Flut“ (Link) oder auch etwas entfernter „Allein gegen den Frost“ (Link) – Und das waren ja jeweils auch ziemlich solide Solo-Spielbücher. Schön ist, dass der Einstiegsbox noch ein Einlegeblatt mit fünf Codes beiliegt, um potentielle Mitspielende mit der PDF-Version von „Allein gegen die Flammen“ schon mal auf den Spieleabend einzustimmen.
- Nun gibt es im Solo-Spielbuch zwar auch einen kleinen Regel-Rundumschlag, aber eigentlich ist dafür das 24 Seiten umfassende Heftchen mit den Einstiegsregeln gedacht. Settingübersicht, Charaktererschaffung, Würfelmechaniken – Alles, was man zum Spielen braucht, bekommt man hier. Und wenn die Spielleitung mitten im Spiel doch mal ins Schlingern kommt, schaut sie einfach in den... - Sichtschirm! Der ist zwar nur klein und aus Pappe, funktioniert für den Anfang aber ziemlich gut.
- Zum Leiten von „Der Bücherwurm und andere Abenteuer“ reicht er aber allemal ;-) Stattliche 80 Seiten umfasst dieses Buch, welches drei nach und nach komplexer werdende Abenteuer bietet. Zum Einstieg gibt es „Der Bücherwurm“, bei dem ein bibliophiler Einzelgänger verschwindet. Als dann auch noch in sein Haus eingebrochen wird und die Spuren auf den nahegelegenen Friedhof führen, werden ein bis zwei InvestigatorInnen (wobei das Abenteuer für 1:1 ausgelegt ist) mit den Nachforschungen betraut. Eine nette kleine, fast schon harmlose Geschichte – Kein Vergleich mit „Am Rande der Finsternis“, bei dem 3 – 5 Ermittelnde in einem alten Bauernhaus mit einem mordenden Mythos-Wesen konfrontiert werden. Tod und Verderben sind garantiert, also typisch „Cthulhu“ :-P Den Abschluss bildet „Blues für Marnie“, bei dem die 3 – 5 Spielenden während eines Nachtclubbesuchs zufällig Zeuge eines Mordes werden. Oder auch nicht, denn gilt es schon als Mord, wenn die Toten wieder zum Leben erwachen? - Enthalten sind zusätzlich zehn Charakterbögen (fünf vorgefertigte, fünf leere) sowie eine paar Handouts.
Was will man mit einem Starterset eigentlich erreichen? Neulinge begeistern, na klar, aber auch System-Umsteigende abholen. Und ich glaube, tatsächlich schafft die „Cthulhu Einstiegsbox“ beides. Wobei, sind wir ehrlich, wer schon halbwegs in der Rollenspiel-Szene drin ist weiß um die kostenfreien Spielressourcen (so gibt es etwa einen Teil der Abenteuer zum Gratisdownload, die W100-Grundregeln findet man auch ) und braucht dieses Starterset eigentlich nicht. „Echte“ Neulinge werden hier aber sehr viel Freude haben :-) Eine (dank dem Solo-Spielbuch) atmosphärische Einführung in die Regeln, je nach persönlicher Spielweise um die vier bis fünf Spielabende und alles benötigte Spielmaterial, um direkt loslegen zu können – Wer noch nie von „Cthulhu“ oder generell dem Rollenspiel-Hobby gehört hat, wird hiermit zweifelsohne viel Spaß haben. Sicherlich kann man an ein paar Stellen herumkritisieren (Warum ein „normales“ Würfelset, wenn man nur W10 & W6 braucht? Ist es wirklich eine gute Idee, Neulinge mit einem Rassismus-Abenteuer zu konfrontieren; gerade auch, wenn man dann problematische Formulierungen reproduziert? Und hätte man bei den Handouts nicht noch ein wenig an der Qualität schrauben können?), aber wenn wir ehrlich sind, ändert das etwas am Ergebnis? Wird irgendein Neuling jetzt vom Rollenspiel wegbleiben oder es begeistert beginnen, weil das Würfelset so schlicht ist und es Würfel enthält, die man nicht braucht? Vermutlich nicht ;-) Insgesamt hat „Pegasus Spiele“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) hier ein für Rollenspiel-Neulinge wirklich gutes Starterset veröffentlicht, dessen Kritikpunkte primär für System-Umsteigende gelten, die sich eh schon mit dem Hobby auskennen. Deshalb ein positives... Fazit: Gerade für absolute Hobby-Neulinge ist die „Cthulhu Einstiegsbox“ (Link) eine verhältnismäßig niedrigschwellige und damit großartige Einführung ins Rollenspiel.