Was ist 2024 denn bloß für ein großartiges Jahr? Also nicht auf die „echten Welt“ bezogen, die geht ja gerade ziemlich den Bach runter, aber zumindest bezogen auf das Comic-Portfolio des kleinen Augsburger Verlags „Bunte Dimensionen“. Denn die schicken mir dankenswerterweise aller 12 Monate einen ganzen Rezi-Karton mit den aktuellen Neuerscheinungen – Und dieses Jahr waren (und da gab es schon ganz andere Jahre!) bisher alle Comics und auch Mangas mindestens gut, manchmal sogar hervorragend 🙂 Ob die im Oktober erscheinende Adaption des erfolgreichen Romans „Le syndrome E“ wohl diese qualitative Siegesserie einreißen wird?
Kinofilme können und sollen Emotionen auslösen – Doch der die Geschehnisse auslösende 50er Jahre Horror-Indiefilm ist so grausam, dass man beim Betrachten sofort erblindet und nie wieder ruhig schlafen kann... Zumindest passiert dies einem Ex-Freund der Ermittlerin Lucie Henebelles, welcher sich in seiner Not mehr oder minder zufällig an sie wendet. Lucie, eh schon genervt von ihrer dauernörgelnden Mutter, packt die Neugier. Doch die Geheimnisse um diesen Film dürfen nicht ans Tageslicht gelangen, denn jeder, den Lucie befragt, stirbt kurz darauf eines brutalen Todes. Genauere Erkenntnisse gibt es erst, als sich ihre Ermittlungen überkreuzen mit denen des Verhaltensanalytikers Franck Sharko, der den Tod von fünf verstümmelten Leichen untersucht. Doch selbst zu zweit kommen sie kaum an gegen ein politisches Komplott, welches scheinbar wahllos über Leichen geht...
Im ersten Moment könnte die Geschichte tatsächlich aus einem Horrorfilm entsprungen sein, irgendwann geht es aber in die Verschwörungsrichtung, welche weitläufige Kreise in die große Politik zieht. Dazu noch sehr viel blutige Gewalt, psychisch und/oder familiär belastete PolizistInnen und einen Hauch von Romantik – Fertig ist der reißbrettartige Brutalo-Krimithriller, den man am Badestrand verschlingt, weil beim Lesen das Blut in den Adern gefriert 😉 Aber das soll gar nicht spöttisch klingen, ganz im Gegenteil: „Das Syndrom [E]“ funktioniert als das, was es sein will, ganz hervorragend! Vielleicht funktioniert das Medium Comic sogar besser als ein Roman, weil hier die drastischen Szenen nicht nur beschrieben werden, sondern auch gezeigt. Ich war jedenfalls wirklich rasch drin in dem Szenario, die durchaus gruselig-stressige Atmosphäre hat mich von der ersten bis zur letzten Seite nicht mehr losgelassen. Sicherlich muss man, das ist dem Medium und dessen Umfang von „nur“ 104 Seiten geschuldet, auch ein paar Abstriche machen – Manche (beispielsweise emotionale) Entwicklungen gehen etwas rasch, zudem könnten die Figuren alle noch etwas tiefer ausgearbeitet sein. Allerdings ist die Buchvorlage im französischen Original mit 280 Seiten nun auch nicht gerade dick, daher muss meine Kritik möglicherweise direkt an den Autor Frank Thilliez gehen anstatt an den Szenaristen Sylvain Runberg. Keine Kritik geht dagegen an den Zeichner Luc Brahy, welcher seinen aus (dem übrigens immer noch sehr lesenswerten Agenten-Thriller) „Ukas“ (Link) altbekannten Stil durchzieht.
Fazit: Normalerweise denkt man bei Thriller-Strandlektüre ja eher an skandinavische Noir-Krimis, aber tatsächlich kriegen das die Franzosen auch gut hin. „Das Syndrom [E]“ (Link) ist dafür das beste Beispiel, denn dieser düster-brutale Krimithriller lässt einem (um mal eine abgedroschene Phrase zu verwenden) von der ersten bis zur letzten Seite das Blut in den Adern gefrieren 🙂