Heute vor 80 Jahren wurde das Konzentrationslager Auschwitz befreit. Vermutlich gibt es kein passenderes Datum, um die französische Comic-Biografie „Adieu Birkenau“ zu besprechen, in der Ginette Kolinka (die in einer Woche ihren hundertsten Geburtstag feiert) von ihrer Deportationen dorthin berichtet.
Ginette, eine jüdische Atheistin mit rumänisch-ukrainischen Wurzeln, muss mit ihrer Familie nach der Besetzung Frankreichs durch die Nazis in die unbesetzte Zone fliehen. Doch dort wird sie denunziert, sodass ein Teil ihrer Familie verhaftet und nach Auschwitz-Birkenau deportiert wird. Während sie in ein Arbeitslager gesteckt wird, werden ihr Vater und ihr kleiner Bruder noch direkt am Ankunftstag vergast. Über ein Jahr und mehrere Konzentrationslager hinweg überlebt sie den Holocaust, eh sie befreit wird und wieder zurück nach Frankreich kommt. Dort schweigt sie viele Jahrzehnte über ihre Erlebnisse, bevor sie Anfang der 2000er beginnt, vor Schulklassen zu berichten. Eine solche Schulreise nach Auschwitz bildet dann auch die Rahmenhandlung der Biografie, in der die Reise jeweils die Aufhänger für Erzählungen über verschiedene Etappen ihrer Jugend und der Deportation bilden.
Mehr gibt es über diesen Comic nicht zu sagen. Er ist bedrückend, aufrüttelnd, erschütternd und traurig. Und zugleich ist er, und das gelingt nicht allen biografischen Geschichten, zu keiner einzigen Sekunde irgendwie langweilig. Jede einzelne Seite, egal ob in der Gegenwart oder in der Vergangenheit spielend, ist auf den Punkt geschrieben und gezeichnet. Die 112 Seiten, von denen 14 auf ein gut geschriebenes Nachwort entfallen, liest man trotz des schweren Themas in einem Rutsch weg. Mit „Adieu Birkenau“ (Link) hat der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) die Messlatte für Biografie-Comics noch einmal deutlich nach oben gelegt. Empfehlenswert!