Weltliteratur – Der Begriff klingt schon so einschüchternd, dass ich mitunter gar keine Lust darauf habe, mich in irgendwelche verstaubten Klassiker einzulesen. Selbst dann nicht, wenn sie 2003 in einer BBC-Umfrage auf den zweiten Platz der wichtigsten englischen Bücher gewählt werden – Übrigens direkt hinter „Der Herr der Ringe“, aber das hab ich natürlich auch nicht gelesen ;-) Ein Hoch daher auf den „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), der nun eine Comic-Adaption veröffentlichte, die sich so nah an das Original hält, dass auch ich in den Genuss dieses über 200 Jahre alten Liebesroman-Meisterwerks komme.
In der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert lebt die Bennet-Familie in relativem Wohlstand in der englischen Provinz. Doch dieser Wohlstand ist bedroht, denn weil das Familiengut die Rechtsform eines Fideikomisses hat, geht es beim Tod des Familienpatriarchen komplett an den nächstgelegenen männlichen Verwandten. Blöd, dass Mr. Bennet nur fünf Töchter zeugte, die in seinem Todesfall deshalb in die Verelendung stürzen würden. Darum ist es quasi oberste Familienpflicht, die zwischen 15 und Anfang 20 Jahre alten Töchter möglichst gewinnbringend an den Mann zu bringen. Aber das ist gerade bei Elisabeth, der zweitältesten Tochter, gar nicht mal so einfach. Denn diese hat sich das unerhörte Ziel in den Kopf gesetzt, nur aus Liebesgründen zu heiraten!
Jedenfalls geht es hin und her, denn der ebenso reiche wie gutaussehende Mr. Darcy ist ihr zu stolz, während der entfernt verwandte Mr. Collins so gar nicht ihren Geschmack trifft. Immerhin bleibt noch der Offizier Mr. Wickham, doch der hat eine gemeinsame Vergangenheit mit Mr. Dardy und ist auch generell nicht der vertrauenswürdigste Heiratskandidat. Als (im Rahmen der damaligen Zeit) äußerst selbstbewusste und schlagfertige Frau erregt Elisabeth trotzdem weiterhin die Aufmerksamkeit von Mr. Darcy, doch auch dessen (fast schon legendär unromantischen) Heiratsantrag lehnt sie wütend ab. Also noch mehr hin und her, aber nach ein paar aufklärenden Gesprächen und einem Familiendrama um die jüngste Tochter sind am Ende dann doch immerhin drei von fünf Töchtern unter der Haube :-)
„Stolz und Vorurteil“ ist ein so großer Klassiker der romantischen Literatur, dass es nicht nur schon zahlreiche Verfilmungen gab, sondern auch schon mehrere Comic-Adaptionen (sogar schon mit Disney-Figuren!). Da dies hier mein erster Kontakt mit der Materie ist, muss ich mich auf entsprechende Fachkreise verlassen, und diese bescheinigen dieser 144 Seiten starken Adaption von Aurode Demilly die bisher beste und vor allem werkgetreuste Umsetzung des Romans. Und auch ich muss zugeben, dass mich diese „Stolz und Vorurteil“-Variante wirklich abgeholt hat. Die Geschichte an sich, die selbstverständlich zahlreiche Genre-Klischees und typische Handlungsbögen aufgreift, hat tatsächlich mein Herz erwärmt. Und die Zeichnungen, auch wenn sie einen im ersten Moment unpassenden Manga-Touch haben, wissen nach einigen Seiten auch sehr zu gefallen. Sicherlich muss man sich erst daran gewöhnen, dass die Figuren alle wie Porzellanpüppchen aussehen, aber irgendwie passt das sehr gut zur romantischen Stimmung. Den einzige Kritikpunkt, welchen ich daher anbringen möchte, sind die teils großen Ähnlichkeiten der Figuren. Klar, es sind Schwestern, aber nicht immer habe ich (trotz Figurenübersicht vor jedem der drei Kapitel) gleich verstanden, welche Schwester jetzt welche ist. Aber das ist ein minimaler Kritikpunkt, der meine insgesamt ausgesprochen positive, ja fast schon enthusiastische Meinung in keinster Weise trübten soll.
Fazit: „Stolz und Vorurteil“ (Link) ist eine wirklich gelungene und vor allem auch sehr hübsche Adaption des gleichnamigen Literatur-Klassikers!