Ich bin ja generell ein großer Freund von Geschichten, die aus ihrem historischen Kontext herausgerissen und in die Gegenwart hineingequetscht werden. Die britische TV-Serie „Sherlock“ ist da ein Musterbeispiel für eine gelungene Gegenwartsportierung, aber auch „Romeo + Julia“ ist für mich die einzige Adaption der legendären Liebesgeschichte, die man sich halbwegs geben kann ;-) Niemals wäre ich aber auf die Idee gekommen, die Groschenheftchen rund um den Rächer der Armen, nämlich Zorro, ins hier und jetzt zu verfrachten...
Aber tatsächlich, die 128 Seiten dicke Comic-Adaption aus dem „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) funktioniert. Auch, weil sich Sean Murphy (sowohl Text als auch Zeichnungen) bewusst ist, wie widersinnig es ist, mit einem Degen bei einer Schießerei aufzutauchen – Und zwar immer und immer wieder, egal wie viele Kugeln das lokale Drogenkartell auf ihn abfeuert... Aber von vorn: Zorro ist eine zweihundertjährige Legende, welche dem kleinen Städtchen La Vega die Kraft gibt, unter der Knute eines skrupellosen Drogenbosses zu überleben. Der duldet nämlich kein Anzweifeln seiner Macht, weshalb selbst ein harmloses Zorro-Theaterstück mit einem Mord endet. Die Kinder des Mordopfers haben nach zwanzig Jahren zwei gänzlich unterschiedliche Lebenswege eingeschlagen. Während Rosa sich selbst dem Kartell angeschlossen hat, wird ihr verschollen geglaubter Bruder Diego von einem Priester aufgezogen. Wobei er diesen vor allem im Kampf ausbildet, denn Diego verarbeitet das Trauma des ermordeten Vaters mit der Illusion, dass er selbst der legendäre Zorro sein. Aber gut, fernab der echten Welt interessiert das auch niemanden, bis das Drogenkartell an seine Tür klopft... Und dann passiert, was bei einer Zorro-Story eben passieren muss: Tote über Tote, da Zorro sich dem Unrecht entgegen stellt und gleich noch einen Volksaufstand gegen die Unterdrücker anzettelt!
„Zorro: Die Legende lebt“ ist ein in vier Kapitel aufgeteilter Abenteuer-Comic, der eine durch und durch vorhersehbare Geschichte erzählt. Zorro fechtet sich durch die Gegend und findet nebenbei zu seiner wahren Identität zurück, Rosa muss sich ihrer Vergangenheit stellen, das Dorf begehrt endlich mal auf. Nichts davon kommt unerwartet, sobald man die ersten paar Seiten gelesen und damit verstanden hat, dass es sich hier um eine „Historischer Held clasht auf Gegenwartsprobleme“-Story handelt. Aber ganz ehrlich? Egal! Ja, ich wusste was passieren würde, aber ich hatte trotzdem eine ganze Menge Spaß mit dieser Geschichte. Denn auch wenn sind prinzipiell ernst ist, will sie gar nicht ernst genommen werden, was spätestens dann auffällt, wenn der handzahme Handfuchs mal wieder als zentraler Plot-Point den Tag rettet oder wenn schwerbewaffnete Schwerverbrecher gegen einen maskierten Degenkämpfer reihenweise den Kürzeren ziehen. Und kommt es am Ende nicht ausschließlich darauf an, dass man Spaß beim Lesen hat?
Fazit: „Zorro: Die Legende lebt“ (Link) macht einfach Spaß! Ja, es gibt Kritikpunkte wie die vorhersehbare Handlung, aber das ist egal, denn dieser Comic macht einfach Spaß!