Beginnen wir direkt mit der positiven Nachricht: „Mantikore“ lebt. Also klar, warum auch nicht, aber in der Rollenspiel-Bubble war es in den letzten Jahren dann doch etwas still um den spezialisiertesten aller Rollenspielverlage. Aber nein, alles gut, immer noch werfen Nicolai & Karolina in schöner Regelmäßigkeit neue Solo-Spielbücher und manchmal auch Romanübersetzungen auf den Markt. Mit den „Adventuregame Comics“ haben sie nun auch zwei Comic-Spielbücher im Portfolio, welche Spielbuch-Fans so beispielsweise auch schon von der „Sherlock Holmes“-Reihe von „Pegasus Spiele“ (Link) kennen.
Das Wiedersehen auf dem „Buchmesse Convent“ letzte Woche war jedenfalls sehr herzlich, sodass mir Karo direkt ein Rezensionsexemplar in die Hand drückte. Und das sieht auf den ersten Blick schon mal sehr vielversprechend aus, denn der Autor und vor allem Zeichner Jason Shiga nutzt für sein kleines Abenteuerchen (bei 135 Abschnitten auf 144 Seiten kann man so eine Verniedlichungsform sicher ohne schlechtes Gewissen nutzen) einen zwar simplen, aber sehr knuffigen Zeichenstil, der in seinen Outdoor-Abschnitten auch irgendwie an pixelige JRPGs oder Gameboy-Adventures erinnert. Aber worum geht es denn überhaupt?
Die Protagonistin des Abenteuers, ein junges Mädchen, will in einer Taverne eigentlich nur ein nicht altersentsprechendes Getränk erwerben. Stattdessen bekommt sie von einem mysteriösen Fremden aber einen epischen Diebesauftrag. Sie soll den von einem alten Zauberer bewachten Sternlichtstab stehlen, damit der Fremde den alles be- und überwachenden sowie nebenbei titelgebenden Leviathan besiegen kann. Aber das ist gar nicht so einfach, stehen diesem Ziel doch einige kleinere Rätsel im Weg. Hierfür muss man Zahlen benennen, wobei man diese zumeist zuvor in Erfahrung bringen kann, wenn man verschiedene Ortschaften wie etwa die Bibliothek oder auch das eigene Elternhaus abgeklappert hat. Also ein wirklich simples Spielprinzip, welches sich von anderen Spielbüchern für Kinder oder Jugendliche nur darin unterscheidet, dass die einzelnen Spielbuchabschnitte gezeichnet wurden.
Nun mag ich ja Comic-Spielbücher sehr gern; man muss hier aber deutlich anmerken, dass „Leviathan“ ein ausgesprochen lineares Abenteuer ist, welches spielerische Freiheit (etwa das freie Bewegen auf der Insel) nur vorgaukelt. Es gibt keine Sidequests (auch das wird vorgegaukelt und sofort wieder eingestampft) oder irgendwelche Story-Twists (außer vielleicht die philosophische Auflösung), dafür weiß man aber sehr konkret, was man wie wann wo machen soll. Einmal alle Schauplätze abklappern, die relevanten Infos merken, dann ab zum Zauberer und die große Finalentscheidung treffen. Ende!
Das ist alles nett und irgendwie auch sehr sympathisch, aber eben auch linear und vor allem kurz. Ich weiß nicht mal, ob ich eine halbe Stunde oder noch weniger mit dem Büchlein verbracht habe. Wobei ich auch nicht die Zielgruppe bin, denn die wird etwa von Amazon mit 8 – 12 Jahren angegeben. Und dafür ist „Leviathan“ eigentlich gar nicht schlecht, weshalb gibt es von mir ein wohlwollendes...
Fazit: „Adventuresgame #1 Leviathan“ (Link) wurde eindeutig für eine junge Zielgruppe geschaffen, welche hier relativ geradlinig nach weniger als einer Stunde ein erstes Spielbuch-Erfolgserlebnis haben wird. Also eher nichts für ältere Jugendliche oder gar Erwachsene, aber demnächst als Weihnachtsgeschenk für Grundschulkinder taugt dieses Comic-Spielbuch allemal.
