Der „Splitter Verlag“ ist genremäßig ja unglaublich divers aufgestellt und beweist dabei auch immer wieder ein sehr glückliches Händchen bei der Comic-Auswahl – Von gefühlvollen Liebesgeschichten über antikapitalistische Kindercomics bis hin zu intellektueller Science-Fiction ist da Monat für Monat viel Qualitätsware dabei :-D Aber eh das hier jetzt zu einer Werbeveranstaltung wird: Es gibt ein Genre, da enttäuschen mich die sympathischen Bielefelder in unschöner Regelmäßigkeit: Steampunk! Und ja, jetzt kommen die ganzen Blogger (bewusst nicht gegendert) und berichten voller Freude von den großen Brüsten der „Lady Mechanika“, aber so wirklich prima war das jetzt echt nicht... Darum setze ich nun meine ganze Genre-Hoffnung in „Terra Prohibita“, denn der Autor Denis-Pierre Filippi hat ja schon mit seiner „Colony“-Reihe bewiesen, dass er zwar anspruchslose, aber sehr unterhaltsame Genre-Kost produzieren kann. 

 

Die Steampunk-Welt in „Terra Prohibita“ hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein ziemliches Problem: Mysteriöse Killerpflanzen, welchen die Menschheit nicht Herr werden kann! Dadurch kommt es natürlich zu Flucht und wirtschaftlicher Ungleichheit, quasi eine Art Fantasy-Version unserer Klimawandel-Zukunft, und das kann ja niemand gut finden ;-) Also zumindest findet das die gern auch mal als Privatdetektivin arbeitende Presse-Aktivistin Valérie gar nicht gut, welche sich mit ihrem Bodyguard & Liebhaber Gus auf die Suche nach einem vermissten Naturforscher begibt. Dieser sollte im staatlichen Auftrag die Kontamination durch die Killerpflanzen erforschen, aber die Regierung weiß gar nichts davon... Also ein kniffliger Fall, für dessen Lösung Valérie bis tief in die verbotene Quarantänezone von Paris vordringen muss. Dort trifft sie nicht nur auf schießwütige Regierungstruppen, sondern auch auf den Biologen & Serienmörder Dorian Singer, der eine unglaubliche Expertise darin hat, die Killerpflanzen für die eigenen Zwecke zu benutzen. Valérie verbündet sich notgedrungen mit ihm und erlebt allerlei Abenteuer, die vor allem daraus bestehen, dass die mal mehr, mal weniger große und irgendwie immer von irgendwem gejagte Truppe in irgendwelche Gefahrenzonen eindringt. Und dann sterben Leute und dann geht es ab zum nächsten Handlungsort... 

 

Was zum Teufel habe ich hier eigentlich auf 96 Seiten gelesen? Also ich meine diese Frage nicht rhetorisch, sondern wirklich ernst: Was habe ich hier eigentlich gelesen? Klar, einen Abenteuer-Comic, aber worum geht es hier eigentlich und wer handelt hier mit welcher Motivation? Auch nach der zweimaligen Lektüre ist mir das, obschon es sich hier wie schon bei „Colony“ um eher leichte Kost handelt, noch nicht wirklich klar. Figuren tauchen auf und verschwinden wieder, manche von ihnen sterben einfach (manchmal durch Feindeshand, meist aber weil Dorian sie umbringt, da er halt einfach sofort durchblickt, wenn jemand ein Verräter ist ). Aber selbst das „Stammpersonal“ der Geschichte bleibt seltsam fremd und austauschbar, weil es keinerlei Charaktertiefe besitzt. Ja, Valérie ist halt die wunderschöne Heldin und Dorian der Bad Boy mit leichtem Psychoknacks, aber das war es dann auch irgendwie schon – Selbst wenn diese beiden Hauptfiguren plötzlich sterben würden, würde ich da nur desinteressiert mit den Schultern zucken, aber bei den noch flacheren Nebenfiguren ist mir das dann wirklich egal... Und das ist problematisch, denn so fehlt einfach die Dramatik! Die Handlung plätschert vor sich hin, dabei wirkt sie oft sehr abgehackt (mehrfach habe ich gedacht, ich hätte ein paar Seiten übersprungen, weil der Szenenwechsel so abrupt war) und ohne weitergehende Erklärung – Was für eine vertane Chance! Da hat man so ein cooles Setting, denn wir sind uns ja wohl alle einig, dass Steampunk einfach mega cool ist, aber dann erklärt man einfach nichts von dieser Welt! Sie ist so unendlich austauschbar, wenn der Treibstoff hier nicht Dampf wäre, sondern Kerosin oder der Warp-Antrieb, dann würde man das überhaupt keinen Unterschied machen :-( Und fast noch schlimmer sind die Actionszenen: Vielleicht erinnert ihr euch noch an diesen unsäglichen Kinotrend, dass nach dem Erfolg der „Bourne“-Trilogie fast alle Actionfilme auf unübersichtliche Wackelkamera-Schnittgewitter setzten, bei denen man überhaupt nicht mitbekam, was da eigentlich gerade passiert. Und diese Entsprechung findet sich hier in gezeichneter Form – Selten hab ich so unübersichtliche Action gesehen! Und das ist unendlich traurig, denn der Zeichner Patrick Laumond kann eigentlich wundervolle Bilder zu Papier bringen, die das „Arancia Studio“ sehr atmosphärisch koloriert hat. Aber was nutzt die Hochglanz-Optik, wenn der Inhalt doch so dünn und unausgegoren ist? 

 

Damit gibt es zu „Lady Mechanika“ tatsächlich überraschend viele Parallelen, denn neben dem Steampunk-Setting teilen sich die Reihen eben auch die dünne Handlung und die sehenswerte Optik. Daher glaube ich schon, dass „Terra Prohibita“ seine Fans finden wird, aber ich gehöre nicht dazu. Trotzdem natürlich Danke an den „Splitter Verlag“ für den Mut, mir ein Rezensionsexemplar zur Verfügung zu stellen, aber hier kann ich meine Enttäuschung halt diesmal echt nicht in schöne Worte packen :-( 

Fazit: „Terra Prohibita #1 Patient Null“ (Link) sieht super aus, aber das war es dann auch schon. Eine der sehr wenigen Reihen, der ich nach dem Auftaktband keine weitere Chance mehr geben werde.

Tags