Es ist ja kein Geheimnis, dass ich mich mit den allermeisten Fantasy-Genres und entsprechend auch Fantasy-Rollenspielprodukten eher selten anfreunden kann. Eine ruhmreiche Ausnahme bilden hier aber regelmäßig die Abenteuer & Settings der „Schnutenbach“-Reihe, welche von Karl-Heinz Zapf in liebevoller Detailversessenheit niedergeschrieben werden. Mit seiner „Siebenbrucken“-Kampagne veröffentlicht der Autor nun ein „Schnutenbach“-SpinOff, welches das eh schon düstere Dark Fantasy-Setting nochmal ein ganzes Stückchen düsterer erscheinen lässt. Normalerweise spielen sich die Abenteuer der „Schnutenbach“-Reihe in dem namensgebenden Dörfchen ab, doch in diesem SpinOff geht es für die SpielerInnen hinaus in die große weite Welt! Naja, aber das war dann doch keine so tolle Idee, denn die umfangreiche Kampagne verschlägt sie in das von nebligen Mooren geprägte Fürstentum Siebenbrucken. Was sie dort tun? Natürlich echte Heldentaten, die eine ganze Schippe epischer sind als das (keinesfalls despektierlich gemeinte) Bauerngaming in der „Schnutenbach“-Hauptreihe ;-) Denn bei einem Ausflug in die Fantasy-Metropole Augenburg treffen sie auf den Gelehrten Adalbert Aulenbacher, der genau vor ihren Augen aus der berühmten Akademie der Tausend Augen geworfen wird. Denn dort glaubt man ihm nicht, dass noch sieben angeblich vernichtete Folianten existieren, die in den falschen Händen ganz schön viel Schaden (typische Fantasy-Apokalypse mit untoten Armeen und so :-P) anrichten können. Als es mehrere Mordanschläge auf Adalbert gibt, dem die SpielerInnen hoffentlich zu Hilfe eilen, kratzt er seine letzten paar Goldmünzen zusammen, um eine Expedition nach Siebenbrucken zur sagenumwobenen Burg Bluthorn zu organisieren. Na und jetzt ratet mal, liebe LeserInnen dieses Blogs, wer an dieser Expedition teilnehmen soll... ;-) Genau, die SpielerInnen! Und die erleben in „Siebenbrucken: Die Toten ruhen nicht“ ein spannendes, detailliert ausgearbeitetes Reiseabenteuer, welches final in einer tödlichen Burgerkundung nebst dramatischen Endgegner-Kämpfen mündet (Zapf - der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte - hat hier so ziemlich alles an Monstern in die Burg rein gequetscht, was man so von einem Dark Fantasy-Setting erhofft!). Doch erst einmal müssen die SpielerInnen es soweit schaffen, was sich als ziemlich schwieriges Unterfangen herausstellen wird: Anfangs, als sie noch in der Region um Augenburg unterwegs sind, will ihnen so ziemlich niemand bei ihrer Reise helfen (kein normaler Mensch ist so wahnsinnig, freiwillig auch nur in die Nähe von Siebenbrucken zu reisen). Und falls sie es dann wirklich in das neblig-mordige Fürstentum geschafft haben, will sie so ziemlich jeder Nichtspielercharakter (davon enthält die Kampagne fast 80 Stück, die vom Autor en détail beschrieben werden) und natürlich jedes Monster umbringen... Hier ist dann tatsächlich die Kreativität der Spielleitung gefragt, denn Zapf umschreibt in vielen Worten die jeweiligen Szenen, gibt aber keine direkten Handlungsanweisungen, Probenmechaniken oder (da es sich ja um ein Universal-Abenteuer handelt) numerischen Spielwerte vor. Das hat den für Spielleitungsneulinge nicht zu unterschätzenden Nachteil, dass man nicht streng nach dem gedruckten Text leiten darf, weil es an einigen Stellen sonst rasch einen unausweichlichen Totel Party Kill geben kann beziehungsweise dieser nur mit (erfahrungsgemäß eher unbefriedigenden) Rettungswürfen verhindert werden kann. Aber wohlgemerkt, das gilt eher für unerfahrene SpielleiterInnen, denn die Profis hinter dem Spielleitungsschirm werden das eher spontan und an die Situation und Spielgruppe angepasst handwedeln :-) Diese werden dann auch weniger Probleme damit haben, die relevanten Handlungsanweisungen und Story-Fortschritte aus den detailverliebt und atmosphärisch geschriebenen, aber deshalb auch sehr auch langen Fließtexten herauszufiltern – Eben genauso wie in den Werken der „Schnutenbach“-Reihe, von deren Zugehörigkeit diese SpinOff-Kampagne keinen Hehl macht. Klar, das hier ist alles nochmal ein Stückchen dunkler und blutiger – Aber um ehrlich zu sein, so groß ist der tonale und auch spielerische Unterschied zum letzten „Schnutenbach“-Abenteuer „Der Klang des Untergangs“ nun wirklich nicht ;-) Gemeinsam ist den beiden Büchern auch, dass sie im „Mantikore Verlag“ veröffentlicht wurden. Der hatte mit der Druckqualität der „Schnutenbach“-Bücher ja öfters mal seine Probleme, diesmal geht der Druck aber voll in Ordnung. Der Preis von 19,95 € für das Softcover beziehungsweise 24,95 € für das Hardcover ist, gerade bei einem Kleinverlag, also gut zu verkraften. Im Gegenzug bekommt man dafür auch ein 176 Seiten starkes Mammutwerk, welches selbst SchnellspielerInnen wie mich für mehrere lange Spielabende beschäftigen wird :-) Fazit: Karl-Heinz Zapf hat ja vor einigen Jahren mal damit kokettiert, dass er seinem kleinen Fantasy-Dörfchen etwas überdrüssig geworden sei. Umso mehr hat er sein Herzblut offensichtlich in „Siebenbrucken: Die Toten ruhen nicht“ (Link) investiert, denn hier liefert er eine ebenso umfangreiche wie herausfordernde, dabei wie immer sehr atmosphärisch geschriebene SpinOff-Kampagne ab, die alle Dark Fantasy-SpielerInnen (gerade auch OSR'lerInnen) viele Spieleabende lang erfreuen wird :-D