Das gesamte Jahr 2025 und damit auch das Comic-Jahr 2025 neigt sich langsam dem Ende zu. Viele neue Erkenntnisse wurden gewonnen, auch im Nerd-Bereich, und da auch wieder speziell bei den Comics. Die größte und positivste Erkenntnis meinerseits war wohl, dass das „Splitternackt“-Imprint des „Splitter Verlags“, an dem ich nun schon so viele Jahre herumkritisiert habe, tatsächlich auch gute Comics hervorbringen kann. Keine Meisterwerke, aber irgendwie waren dieses Jahr „Thrax“ (Link) und „Die süßeste aller Früchte“ (Link) doch überraschend gut. Und auch „In Vino Veritas“, mein letztes „Splitternackt“-Rezensionsexemplar in diesem Jahr, zeigt noch einmal das Potential des Imprints für franko-belgischen Schmuddelkram.
 

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Eine Silvesterfeier, ein paar miteinander befreundete Pärchen und jede Menge Wein – Was soll da schon schiefgehen? Erst einmal nichts, bis irgendwer auf die Idee kommt, quasi wettbewerbsmäßig von den eigenen sexuellen Erfahrungen & Wünschen zu berichten. Und dann wird losgelegt, es geht um Dreier im Sportstudio, leidenschaftliche Affären mit verheirateten Männern, esoterisch-erotische Wunschvorstellungen und Verführungen älterer Damen. Alles für sich genommen mal mehr, mal weniger „normal“, aber doch der Auslöser für verschiedene moralische Diskussionen und gruppeninterne Eifersuchtsdramen...
 

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Ja, das war dann auch schon die gesamte Handlung dieses 72 Seiten starken Bildbandes – okay, Comic, aber hier wird schon sehr wenig gesprochen – den man in einer Viertelstunde durchgelesen hat, so man nicht intensiv die Abbildungen zahlreicher kopulierender Körper betrachtet. Was man durchaus tun sollte, denn auch wenn Manolo Carot hier hart das „male gaze“ rausholt, kann man ihm doch nicht absprechen, dass er wirklich hübsch zeichnen kann. Wobei mir die reduzierten Silvesterszenen persönlich besser gefallen haben als die farbenfrohen, expressionistischen und sehr pornösen Sexszenen. Aber das ist Geschmackssache ;-) Die Handlung rund um das eskalierende Partyspiel ist dabei ein netter Einfall, gerade weil die verschiedenen Episoden mitunter zu Diskussionen und Unstimmigkeiten innerhalb der Gruppe anregen. Für mich persönlich überraschend muss ich aber ausgerechnet hier die meisten Kritikpunkte anbringen, denn einerseits sind die zahlreichen Figuren dann doch zu dünn charakterisiert (ich hab mitunter den Überblick verloren, wer da gerade mit wem verbandelt ist und warum jetzt wer auf wen eifersüchtig ist) und andererseits sind die gelegentlichen „Moraldiskussionen“, Deep-Talks oder Charaktermomente dann doch nur ein Feigenblatt, damit man hier nicht direkt von Pornografie sprechen kann. Wenn man etwa das komplexe Thema Sexkauf bzw. Prostitution aufwirft, was eine durchaus valide Diskussion ist, dann sollte man es halt nicht gleich wieder nach einer einzigen Seite beenden, weil es nur die Überleitung zu einer weiteren Sexgeschichte ist. Das ist eine vergebene Chance – Anderen Erotikcomics aus dem gleichen Verlag, beispielsweise „Die Erektion“ (Link), gelingt die Mischung aus ernsthaften Diskussionen und knisternder Erotik deutlich besser. Aber egal, für einen „Splitternackt“-Comic ist „In Vino Veritas“ schon ziemlich gut gelungen, auch wenn es für meinen Geschmack deutlich mehr Drama und etwas weniger Pornografie hätte sein können.
 

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Fazit: Was für ein Jahresabschluss! „In Vino Veritas“ (Link) beweist erneut, wenn auch mit erzählerischen Schwächen, dass das „Splitternackt“-Imprint zu mehr fähig ist als nur zu gezeichneter Pornografie.

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