Es ist für treue Fans meines Podcasts (z.B. bei der Besprechung des „Shadowrun“-Abenteuers „Budenzauber“, ab Min. 20; Link) kein großes Geheimnis, dass ich eher ein Freund von kleinen aber feinen, vor allem aber bodenständigen Abenteuern bin. Also quasi von Bauerngaming, falls es so etwas wie Bauern überhaupt noch gibt in dieser durchdigitalisierten Dystopie ;-) Da war mir damals das in diese Kerbe schlagende, ziemlich gute „Shadowrun: Alpträume“ (Link) fast schon zu heldenhaft... Und damit kommen wir zu „Schattengeschäfte“, einem weiteren ADL-Abenteuerband. Dieser dreht sich vordergründig um die „Schmidts“, also die auftraggebenden Schattenmänner/-frauen/-diverse, welcher hier ein wenig mehr zu tun bekommen als üblich. Vermutlich, weil es wieder so bodenständig zugeht, dass die tatkräftige Schmidt-Hilfe (statt Mithilfe, haha, okay ich hört schon auf :-P) einfach nötig ist. Aber tatsächlich ist dieser von „Pegasus Press“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) angepriesene und zumindest im Einleitungsteil tiefergehend besprochene Fokus eher Kosmetik, denn tatsächlich steht oft das Lokalkolorit im Vordergrund:
- In einem verschlafenen Bauerndörfchen im Allgäu braucht man Ein echtes Wunder, um den Tourismus anzukurbeln. Doch die Zeit drängt, denn die Illusion (egal was, solange es cool aussieht) muss stattfinden, während der überregionale Fernsehsender einen Livebericht sendet. - Nach der beschaulichen Heimat-Romantik geht die fröhliche Stimmung ganz schnell Abwärts! Denn ein sadistischer Serienmörder mit politischer Mission schnetzelt sich durch Bochum-Winz. - Noch einmal um eine beliebte Fernsehsendung geht es im dritten Abenteuer, welches an verschiedenen Orten in Niedersachsen spielt: Eine verarmte Dorffeuerwehr ist ganz Feuer und Flamme für einen Löschfahrzeug-Prototypen, den sie einer Feuerwehr-Realityshow abzuluchsen versuchen. - In Doppelmoral geht es, wie schon in so manch anderem Abenteuer und sogar Roman (Link), zurück in den magischen Harz. Dort werden die Runner hinters Licht geführt, damit ein Brauereikrieg eskaliert...
Auch wenn ich die vier Abenteuer jetzt wirklich sehr grob zusammengefasst habe, wird man sicher leicht erkennen, dass man diesmal nicht den Untergang der Welt verhindern muss, weil irgendwelche Drachen irgendwie Amok laufen. Nein, hier gibt es lediglich einen halbwegs kleinen, regionalen Schauplatz (außer beim Feuerwehr-Diebstahl, der sich mit etwas Pech über ganz Niedersachsen hinzieht), in dem die Runner im Rahmen ihrer Möglichkeiten kreativ schalten und walten können, damit sie ihr durch Schmidt vorgegebenes Ziel erreichen. Das werden sicher nicht alle Mitspielenden mögen, wenn sie es sonst gewohnt sind, in irgendwelche Hightech-Konzerne einzubrechen, aber ich persönlich mag diese bodenständigen Abenteuer. Ich bin sogar mutig und behaupte, dass sich die „Schattengeschäfte“ hervorragend für den "Shadowrun"-Erstkontakt eignen. Denn einerseits bekommt man als Runner eine Menge Möglichkeiten (von Rumballern über Sozialspiel bis hin zu Tarnen & Täuschen wird hier eine ziemliche Bandbreite geboten, lediglich beim Thema Internet bzw. hier Matrix ist die deutsche Provinz auch 60 Jahre in der Zukunft noch ein Entwicklungsland ;-)), wird andererseits aber nicht durch irgendwelche Konzernkriege & Metaplot-Drachen verwirrt. Und durch den klar strukturierten, altbekannten Abenteueraufbau (z.B. Unterteilung in einzelnen Szenen, die wiederum unterteilt sind in Übersicht, Vorlesetext, Hintergrundinfos, Hilfestellungen & Schwierigkeitsanpassungen) dürften selbst unerfahrene Spielleitungen so ein Abenteuer gewuppt bekommen, wenn sie es sich zwei, dreimal durchgelesen haben :-) Also hab ich fast nichts zu meckern, nur ein paar Kleinigkeiten haben mir nicht so gefallen: Einerseits ist mir diesmal der Zeichenstil zu „modern“ (was irgendwie seltsam formuliert klingt, wenn wir hier über ein Zukunftsrollenspiel reden), vermutlich würde da etwas Farbe aushelfen, denn das bunte Cover ist schon ein Stückchen cooler als die Zeichnungen im schwarz-weiß-grauen Innenteil. Und andererseits sind nicht alle Abenteuer auf dem gleichen Niveau, sondern es gibt zwei Highlights (Ein echtes Wunder & Feuer und Flamme), einmal Durchschnitt (Doppelmoral) und einmal Enttäuschung (Abwärts!). Aber das ist natürlich nur meine persönliche Meinung, vielleicht seht ihr das ganz anders :-D Wenn man also mal mit drei spaßigen Spieleabenden rechnet, dann kommt man auf knapp 5 € je Spieleabend, das ist doch ein echt fairer Preis. Daher... Fazit: Es war nicht anders zu erwarten, „Shadowrun: Schattengeschäfte“ (Link) hat mich begeistert. Viermal bodenständiger Spaß mit viel Lokalkolorit, davon zweimal herausragend spaßig, da lohnt es sich wirklich mal reinzuschnuppern :-)