Nun würde ich mich persönlich ja als sehr geschichtsinteressiert bezeichnen, aber wie die allermeisten Menschen da draußen habe ich relativ wenig Ahnung von afrikanischer Geschichte. Immerhin weiß ich, dass Afrika ein Kontinent und kein Land ist, damit bin ich schon erschreckend vielen Leuten da draußen ein Stück weit voraus ;-) Dass es im Rahmen der Entkolonialisierung einen angolanischen Bürgerkrieg gab, das hatte ich auch noch im Hinterkopf (wobei das nicht schwer ist, weil viele afrikanische Länder in diesem Zusammenhang einen oder gleich mehrere Bürgerkriege hatten), aber dass der sogar fast drei Jahrzehnte bis 2002 lief, das war mir nicht bewusst. Aber wie so oft hat mich der „Splitter Verlag“ dank eines Rezensionsexemplares wieder ein ganzes Stück schlauer gemacht, denn franko-belgische Comics rund um Afrika haben dort einen festen Platz. Und so war ich natürlich gespannt, vor allem auch deshalb, weil die „Kriege & Drachen“-Konzeptserie einerseits viel Potential für spannende Geschichten hat und weil andererseits diesmal mit David Courtois ein Story-Doktor am Werk war, der hoffentlich den zwar kreativen, aber erzählerisch mitunter sehr fahrigen Nicolas Jarry würde bändigen können. Also schauen wir mal, ob er das geklappt hat :-)
 

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Kriege & Drachen“ ist eine Konzeptserie mit jeweils in sich abgeschlossenen Geschichten, welche historische Konflikte mit einem bereits im Titel ersichtlichen Fantasy-Twist verknüpft. Denn Drachen sind hier reale Wesen, welche sich mit besonderen Menschen verbinden, um für sie quasi wie ein Pokémon zu kämpfen. Je nachdem, wie der Drache emotional so drauf ist, kann kann diese Verbindung sowohl mit herzensguten als auch mit zutiefst bösen Menschen entstehen. Und so geschieht es es im dritten Band „Der Kongamato“, indem das Mädchen Anica in den Wirren des aufflammenden Bürgerkrieges von der MLPA-Miliz zwangsrekrutiert wurde. Als 13-jährige ist sie dabei noch lange nicht die Jüngste in ihrer Einheit, aber als eine der wenigen versucht sie irgendwann die Flucht. Was ziemlich gefährlich ist, da der brutale MLPA-General einen eigenen Drachen befehligt, der liebend gern Kinder frisst...
 

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Die Geschichte dieses dritten Bandes beginnt mit einer Fluchtszene, in der Anica einen ihrer Feinde trifft und ihm gegenüber Gnade zeigt. Dies bescheinigt uns Lesenden direkt ihr gutes Herz und erklärt damit auch, warum sich irgendwann der titelgebende „gute“ Drache erbarmt, mit ihr eine Verbindung einzugehen. Bis dahin müssen wir als Lesende aber erst einmal gemeinsam mit Anica den Leidensweg gehen, denn nach ihrer Zwangsrekrutierung als Kindersoldatin steht für sie erst einmal ein hartes Training an. Das macht sie nicht nur körperlich fit, sondern stumpft sie emotional auch so ab, dass sie sich bei ihrem ersten Kampfeinsatz an Kriegsverbrechen beteiligt und später dann als Truppführerin in die Schlacht zieht. Eingelullt von den Versprechen ihrer Vorgesetzten, dauert es dann einige Schicksalsschläge, bevor sie sich doch zur Flucht entscheidet. Und dann zur Umkehr, um die anderen Kindersoldaten und -soldatinnen aus der MLPA zu befreien.
 

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Nun wird vielleicht jemand „Spoiler!!!!111einself“ schreien, aber wenn wir ehrlich sind, ist die Geschichte von „Der Kongamato“ so vorhersehbar wie noch kein anderer der bisherigen „Kriege & Drachen“-Comics. Und das ist schon eine Kunst, waren doch sowohl „Die Luftschlacht um England“ (immer noch der beste Band, Link) als auch „Die Escadrille Lafayette“ (Link) keine hochkomplexen Thriller mit unvorhersehbaren Story-Twists ;-) Es bleibt mir daher nur zu mutmaßen, wie wohl der Original-Plot aussah, bevor ein Story-Doktor hinzugezogen wurde. Der hat dann auch durchaus solide Arbeit geleistet, denn Anica ist bisher die einprägsamste und in ihren Handlungen nachvollziehbarste Hauptfigur der gesamten Reihe. Ein Charakterdrama ist „Der Kongamato“ deshalb zwar immer noch nicht, aber qualitativ steht er doch deutlich vor dem zweiten, wenn auch knapp hinter dem ersten Band der Reihe. Da der Band auch zeichnerisch sehr ordentlich ist, kann ich ihn jedem Comic-Fan empfehlen, der nach dem zweiten Band nicht so recht wusste, ob er die Reihe fortführen möchte.

Zitat: „Kriege & Drachen #3 Der Kongamato“ (Link) bietet die bisher einprägsamste Protagonistin der Reihe und damit mehr als solide Action-Kost für Weird-War-Fans.

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