Und weiter geht es mit den Indie-Interviews. Diesmal mit dem Manni vom Endzeit-Rollenspiel "NoReturn". Dieses Interview heute wird dabei der erste Teil eines zweiteiligen Mini-Specials zu diesem auf W6 basierenden Spiel sein. Außerdem gibt es den Aufruf, an einem (Jung-)Autorenwettbewerb teilzunehmen! Im zweiten Teil werde ich dann von den Geschehnissen meiner exklusiven und hochspannenden Test-Runde mit den Autoren berichten (kommt morgen), wie es mir gefallen hat und was den interessierten Leser erwarten wird... Hallo Manni. Magst Du Dich den Lesern bitte kurz vorstellen?
"Hallo zusammen, ich bin 31 Jahre alt und Chefentwickler sowie Erfinder von NoReturn. Ich bin in NRW aufgewachsen und habe 4 Jahre lang im Bereich Design, Corp.Identity, Produktentwicklung und Gestaltungstechnik gelernt. Rollenspiel habe ich mit 13 Jahren begonnen und seither viele Systeme geleitet, gespielt und lieben gelernt. Zusammen mit Freunden habe ich dann den nächsten Schritt gewagt und die "NoReturn Developer Crew" ins Leben gerufen, um auf "professioneller" Ebene "NoReturn" weiter zu entwickeln und auch anderen zugänglich zu machen."
Kannst Du das System bitte kurz vorstellen? Was macht es im Vergleich zu anderen Systemen besonders?
"Die Menge an bestehenden Rollenspielen ist heutzutage enorm und es gibt fast zu allem auch ein Spiel. Neben einem angenehm spielbaren Würfel- und Regelsystem liegt die Qualität in einem Rollenspiel an einer atmosphärischen und in sich schlüssigen Welt, die fesselt, bewegt und die Kreativität der Spieler (und auch Spielleiter) fördert. "NoReturn" unterscheidet sich von anderen Rollenspielsystemen darin, dass wir eine Kombination aus einer dystopischen Welt mit einer totalitären, kompromisslosen Regierung -– dem Zentrum -– und einer vor Anarchie strotzenden Endzeit geschaffen haben, in der jeder um das nackte Überleben kämpft. Wir bieten vielen Spielstilen einen Platz, der von grundlegendem Survival mit improvisierten Werkzeugen bis zu politischen Machtkämpfen und Hightech Kriegsführung reicht. Ein wichtiger Aspekt von "NoReturn" ist, dass es keine schwarz-weiße Welt ist, wie sie das Zentrum gerne hätte. Es geht nicht um gut und böse, sondern um die vielen Graustufen des Menschseins und um die Kreativität, aus einem Haufen Schrott etwas Neues aufzubauen. Das Würfelsystem ist absichtlich gegen der allgemeinen Tendenz darauf ausgelegt, viele Würfel auf den Tisch prasseln zu lassen. Wir wollen nicht, dass die Spieler in einem Kampf einen Würfel drei mal würfeln oder eine Karte spielen und ihre "einmal am Tag Fähigkeit" einsetzten. Wir wollen den Spielern das Vergnügen geben, viele Würfel auf den Tisch schmettern zu können. Daher benutzen wir ein leicht zu verstehendes W6-System, das nicht auf Erfolge abzielt, und auch mal eine Hand voll Würfel verwendet. Als Besonderheit für "NoReturn" entwickeln wir aktuell neben dem stufenlosen Steigerungssystem der Fähigkeiten, in dem Erfahrung direkt in Fähigkeiten investiert werden kann, an einem System zur Persönlichkeitsentwicklung. Der Spieler sammelt somit über moralisch positive und moralisch verwerfliche Taten Punkte, die ihm Zugriff auf Charaktermerkmale verschaffen. Diese Charaktermerkmale, ob aus negativen oder positiven Taten generierten Punkten, geben nie einen Nachteil sondern nur Vorteile, was Spieler in der Regel dazu animiert diese Eigenschaften intensiver zu nutzen. Wenn somit ein "gieriger" Charakter beispielsweise zu Handeln beginnt, bekommt er einen entsprechenden Bonus, da er weiß, was er in dieser Situation sagen und tun muss. Wichtig hierbei ist, dass dieses System den Spieler in keiner Form einschränkt, sondern neuen Spielern ein Wegweiser sein kann um leichteren Umsetzten der Persönlichkeit eines Charakters und auch bei erfahrenen Spielern das ohne hin schon gute Charakterspiel noch zu belohnen."
Wie kamst Du auf die Idee, ein eigenes Rollenspiel zu entwickeln?
"Viele Rollenspielgruppen entwickeln schnell in ihrem bevorzugten System Hausregeln oder kombinieren verschiedene Spielsysteme, um die individuell passende Basis für ihr persönliches Spielvergnügen zu erzeugen. Das Entwickeln, Erschaffen und Verändern von Dingen liegt in unserem Blut und das kreative Denken ist ein Geschenk, das wir nutzen sollten. Schon in meiner Jugend wollte ich immer über das Spielbrett hinaus. Ich habe mir gewünscht, der Händler bei HeroQuest hätte mehr Auswahl an Ausrüstung, oder in einem Lieblingscomputerspiel könnte ich einfach mal die Bardame ansprechen, wenn ich es möchte und nicht wenn die Story es vorgibt. All diese Punkte und noch viele mehr haben mir gezeigt, dass egal wie weit die Technik voran schreitet: Alles hat seine Grenzen, außer die Fantasie der Menschen. Meine Fantasie lebe ich aus, indem ich ein Rollenspiel samt eines kompletten fiktiven Universums entwickle. Man beschreibt eine Welt voller Möglichkeiten und gibt sie den Spielern, damit sie tun was sie wollen, um zu sein was sie nicht können und dennoch Zeit mit ihren Freunden zu verbringen. Wir haben enormen Spaß den wir bei der Entwicklung von "NoReturn" und jedem einzelnen Spiel. Es ist schön zu sehen, wie das Spiel und die gesamte Welt immer weiter wächst."
Was hat Dich zu diesem dystopischen Setting gebracht? Und hast Du die Regeln gezielt auf ein Endzeit-Setting hin entwickelt, oder kamen erst die Regeln und dann die Dystopie?
"Die ersten Ideen zu "NoReturn" liegen mittlerweile etwa 16 Jahre zurück und sind mit der Zeit sowie den Regeln gereift. Da das Spiel vom ersten Tag bereits gelebt wurde, entwickelte es sich mit Spieler Entscheidungen weiter und wuchs mit den Ansprüchen. Das Setting war für mich schon sehr früh klar, da mich Filme wie "MadMax", "Flucht aus L.A.", "Resident Evil", "Terminator" und viele weitere Klassiker inspiriert haben. Die Idee ist mit Werken von George Orwell ("1984") und Aldous Huxley ("Schöne neue Welt") immer klarer geworden. Die Brücke zwischen einem in Anarchie getränkten Endzeit-Survival Spiel und einer totalitären Gesellschaft mit endlosen Regeln und gnadenloser Kontrolle war nicht leicht zu finden. Das Regelsystem wurde viele Male umgeschrieben, erweitert, gekürzt und dann wieder neu aufgesetzt. Das permanente Feedback der Spieler hat aber den Weg gezeigt und auch, ob neue Ideen und Konzepte angenommen oder verworfen wurden. Ich bin sehr froh darüber, zu jeder Zeit kritische Rückmeldungen zu bekommen. Das Spielen von "NoReturn" als Spieler anstatt nur als Spielleiter hat dazu beigetragen, dass ich mich bei den Regeln nicht zu sehr auf eine Perspektive verlassen musste. Man erfindet das Rad nicht neu, aber eine Prise Innovation gepaart mit den Wünschen der Spieler zeigt einem, ob man das Rad mit Slicks oder mit Crossreifen aufzieht. Im Falle von "NoReturn" wären es vermutlich Spikes mit Metallbeschlag ;-) "
Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung eines Rollenspiels so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Idee finden, Idee umsetzten, Idee präsentieren, Idee verwerfen, neue Idee finden. Dieses Prozedere führen wir bereits seit den ersten Tagen durch. Wenn eine Idee dann von den Spielern angenommen wird, dann kommt der nächste Bereich dran. Wobei wir offen gesagt das strukturierte Chaos als Entwicklungsgrundlage verwenden. Aktuell konzentrieren wir uns beispielsweise auf die Ökologie, Ökonomie und geschichtliche Entwicklung der Erde. Dies ist zwar der primäre Entwicklungspunkt; sollten aber Ideen aufkommen, die einen anderen Bereich betreffen, wird diese nicht etwa zurück gestellt, sondern mit aufgenommen und direkt in alle Bereiche mit eingebunden. Klar strukturierte Entwicklungsgebiete sind beispielsweise Regionen wie Houston und Miami, die von den vorherrschenden Bedingungen bis hin zu Nichtspielercharakteren und Geschichte komplett in der Hand von einzelnen Personen aus dem Entwicklerteam liegen. So ist kurz gesagt Miami und Umgebung zu einem permanenten Bürgerkrieg zwischen Mutanten(-sympathisanten) und Mutantengegnern geworden. In Houston testet das Zentrum eine Hybridstadt, die in Kreise unterteilt unterschiedliche Einflussbereiche des Zentrums aufzeigt. Der Arbeitsaufwand ist enorm, da nicht nur inhaltlich, sondern auch was Artwork und Design angeht, alles aus eigener Feder stammt. Ich muss dazu erwähnen, dass wir ohne einen Verlag oder andere Quellen die Entwicklung aktuell voran treiben und auch weiterhin unabhängig federführend tätig sein werden. "
Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand? Und wie ist die Resonanz der Spieler?
"Der Entwicklungsstand auf Seiten des Regelsystems ist bei schätzungsweise 90%, da wir ein Craftingsystem für den Survival Bereich weiter ausgestalten, Fahrzeugmodifikation einführen, die bereits benannte Persönlichkeitsentwicklung implementieren und auch Strukturschaden, der beispielsweise durch Panzer oder ähnliches hervorgerufen wird, anpassen. Weitere Regelsystempunkte, die bereits fertig sind, ergänzen wir noch durch Anwendungsmöglichkeiten, wie im Bereich PSI. Da das PSI-Konzept auch einzigartig ist, gilt es hier, ein gutes Balancing hin zu bekommen, was sicher noch ein paar mal angeglichen werden muss. Was die Welt an sich angeht, so entwickelt sie sich durchgehend weiter. Man kann niemals sagen "diese Welt und die Geschichte ist fertig". Da mit jeder Handlung der Spieler und mit jeder Stufe, die man tiefer ins Detail geht, mehr Hintergrund, mehr Atmosphäre und mehr Spielerlebnis generiert wird, werden wir stetig die Welt um "NoReturn" erweitern. Die Resonanz der Spieler ist bislang durchweg positiv. Wir haben sowohl Rollenspielveteranen, als auch absoluten Neulingen das Spiel vorgeführt. Der Spielerkreis wächst kontinuierlich, was ein gut ausformuliertes und aussagekräftiges Regelwerk, das ohne zusätzliche Erklärungen auskommt, unverzichtbar macht."
Wie wird die Zukunft aussehen? Kommt eventuell sogar eine gedruckte Version?
"Wir werden im ersten Quartal 2015 neben Facebook, Twitter und Thumblr auch eine Homepage auf den Weg bringen. Nach der Fertigstellung der Webseite wird ein (Jung-)Autorenwettbewerb (Link) ausgeschrieben, in dem anhand von einigen Eckdaten zu "NoReturn" Kurzgeschichten eingereicht werden können. Nach der Bewertung durch Juroren werden die besten Geschichten dann ihren Weg, mit Namen des Autors, in die Regelwerke, auf die Homepage und in weitere Veröffentlichungen von "NoReturn" finden. Es wäre schön, wenn wir auf diesem Weg auch bislang noch unbekannte Autoren motivieren können aktiv zu werden. Nach Fertigstellung der verkürzten Trialversion des Regelwerks wird diese auf der Homepage zum kostenlosen Download zur Verfügung stehen. Zeitgleich ist ein "Kickstarter"-Programm über die größte deutsch Crowdfunding-Webseite startnext.de geplant, um die nächsten Schritte der Entwicklung und offizielle Vermarktung anzustoßen. Im Rahmen des Crowdfunding sind neben zu "NoReturn" gehörenden Geschenken wie Würfel mit dem Zentrum-Logo und einem Kartenspiel aus der "NoReturn"-Welt auch verschiedene Pakete des fertigzustellenden Regelwerkes geplant. Ein Artbook sowie eine limitierte "Cannibal"-Edition des Regelwerks mit Ledereinband werden ebenfalls erstmalig im Rahmen des Crowdfunding zu erwerben sein. Bei einer entsprechenden Beteiligung über startnext.de stehen auch Dinge wie ein Ambientesoundtrack oder sogar eine "NoReturn"-Rollenspielconvention auf dem Programmplan. Dies ist allerdings wahrlich noch Zukunftsmusik – mit angenehmen Klängen."
Manni, ich danke Dir herzlich für das Interview und wünsche Eurem Projekt viel Erfolg. Da ich mittlerweile schon Testspieler war, zweifle ich nicht daran dass Ihr den verdienten Erfolg haben werdet (an dieser Stelle möchte ich nochmal auf den morgigen Spielbericht hinweisen :-P )!
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