Den ersten Shadowrun-Abenteuerband für die 5. Edition namens „Tödliche Fragmente“ habe ich ja noch in guter Erinnerung. Darum halte ich nun erwartungsvoll „Licht aus der Asche" in meinen Händen und frage mich natürlich, ob Catalyst/Pegasus das hohe Niveau weiter halten kann? Das Konzept ist diesmal jedenfalls ein Anderes: Statt einer langen Mission (man kann es fast schon als kleine Kampagne bezeichnen) gibt es diesmal gleich drei kurze, abgeschlossene Szenarien. Bevor ich da aber ins Detail gehe, gleich zu Beginn das größte Manko des für 9,95 € erwerbbaren und rund 70 Seiten dicken Softcover-Werkes: Das Titelbild!!! Wie kann man noch so ein langweiliges, nichtssagendes Allerweltsbild aufs Cover packen, wenn man doch auf Seite 59 ein prachtvolles, actiongeladenes Gemälde mit direktem Storybezug abgedruckt hat? Der geneigte Leser kann es sich nun schon sicher denken: Wenn das Cover der größte Kritikpunkt ist, muss der Rest des Abenteuerbandes ja ohne Fehl und Tadel sein? Bevor ich diese Frage beantworte, erstmal eine kurze Übersicht über die drei Missionen (dezente Spoiler könnten enthalten sein): In der ersten Mission namens „Menschenjagd“ verschlägt es die Runner auf eine Farm weit draußen in der Provinz, welche sich plötzlich den Angriffen wilder Bestien ausgesetzt sieht. Neben ein wenig Ermittlungsarbeit über die Hintergründe muss die Farm für die finale Schlacht vorbereitet werden, bei der allerhand Magie im Spiel ist… Die zweite Mission trägt den schlichten Titel „Asche“ und spielt im Ork-Untergrund von Seattle. Ein Terroranschlag wird verübt, der die Slums und idealerweise auch gleich noch die ganze Metamenschen-Unterschicht vernichten soll. Die Runner sind zufällig mittendrin und versuchen zu helfen. In dieser Mission wird das Schicksal einer ganzen Stadt beeinflusst und der Lauf der Geschichte verändert - Episch :-D Die dritte Mission mit dem Namen „Humanitäre Hilfe“ ist ein nahezu klassisches Detektiv-Abenteuer. Es führt die Runner wieder in die Provinz, nämlich in eine abgeriegelte Kleinstadt. Ein gefährliches Virus ist ausgebrochen und rafft die Ureinwohner dahin, gleichzeitig ist ein wichtiges Archäologen-Team verschwunden. Natürlich hängt wieder alles irgendwie zusammen und am Ende liegt das Leben der Infizierten in den Händen der Runner. Die Missionen sind allesamt kurz und geradlinig genug, um sie an einem einzelnen, längeren Abend oder auf einer Convention-Session durchzuspielen. Dabei sind sie auch einsteigerfreundlich genug, um Neuanfängern einen spannenden und abwechslungsreichen Start in ihre Karriere als zwielichtiger Shadowrunner zu bieten (naja gut, in diesen Missionen sind die Spieler doch eher Helden denn Kleinkriminelle). Jede Mission bietet dabei alles, was ein Spielleiter zum Leiten der Abenteuer benötigt:
- Gut strukturierte, übersichtliche Szenen - Teils umfangreiche Vorlesetexten - detailierte NSC-Charaktere - Handout-Materialien - Sinnvolle Missionsbelohnungen
Außerdem gibt es Tipps, wie man sich verhält falls die Spieler mal nicht gleich so wollen wie angedacht oder auch wie man den Schwierigkeitsgrad angemessen erhöht. Nach meiner persönlichen Einschätzung ist dabei die dritte Mission besonders Einsteiger-Spielleiter-freundlich :-) Für den Preis von 9,95 € macht man hier jedenfalls nix falsch: Die abwechslungsreichen Abenteuer sind spannend und die Verarbeitung des Buches ist mit stabilem Papier und schwarz-weißen Zeichnungen für den Preis mehr als angemessen. Ich wage mich sogar soweit aus dem Fenster lehnen, dass dies das bisher beste Abenteuerbuch ist, welches ich dieses Jahr in den Händen gehalten habe! PS: Eine kleine Anmerkung noch am Rand: Man kann die Abenteuer mit ein wenig Kreativität auch gut auf andere Systeme umschreiben: Die Farm-Mission „Menschenjagd“ würde auch sehr gut zu „Deadlands Noir“ passen und das übernatürliche Detektivabenteuer „Humanitäre Hilfe“ schreit geradezu nach „Call of Cthulhu“ ;-)