Da die Post leider immer noch nicht meine beiden langerwarteten Rollenspielbücher vorbei gebracht hat (schon toll, wenn 3 verschiedene Onlineshops je 3 verschiedene Veröffentlichungstermine anzeigen, die aber alle schon lange verstrichen sind…) war die Zeit vorhanden mal wieder irgendwas Innovatives auszuprobieren. Und wer ist DER zuverlässigste Ansprechpartner für innovativen Nerd-Kram? Mein guter Kumpel Christian aus Coburg. Dieses Mal wollte er mich von „Golem Arcana“ überzeugen, einen Fantasy-Magie-Miniaturen-Brettspiel mit digitaler App-Unterstützung. „Alles nur neumodische Spielerei“ dachte ich, bis ich meine ersten Runden gezockt hatte und aus dem Grinsen gar nicht mehr raus kam… Aber fangen wir mal von vorn an: „Golem Arcana“ wird gespielt auf mehreren variabel verlegbaren viereckigen Platten, welche mit einem Gitternetz überzogen sind. Die einzelnen Felder stellen besondere Umgebungsdetails dar, etwa Berge oder tiefe Gewässer. Je nach Größe der Bases passen zwischen 1 – 4 Figuren in ein Feld, wo sie sich dann im Nahkampf befinden und von den Vorteilen des Geländes profitieren. Jede der Figuren kann verschiedene Aktionen wie Bewegung oder Angriffe durchführen, wobei diese aber Aktionspunkte aus einem „globalen Pool“ verbrauchen von denen man nur eine sehr begrenzte Anzahl je Runde hat. Außerdem verdoppeln sich die Punktkosten jedes Mal, wenn man innerhalb einer Runde eine Aktion mehrmals durchführt. So kann man sich dann aber entscheiden, ob man lieber alle seine Aktionspunkte mit einer einzigen Figur verbraucht oder doch auf verschiedene Figuren aufteilt. Außerdem gibt es noch einen Mana-Pool für besonders kraftvolle magische Aktionen und natürlich kann man seine Figuren auch noch mit besonderen Zaubern aufrüsten. Kommt es zu Kämpfen, wird mit einem W100 gewürfelt ob man einen Treffer landet und ob dieser vielleicht sogar kritisch ist. Soweit, so traditionell - Wie viele andere Miniaturenbrettspiele auch. Was aber macht dieses Spiel dann so innovativ? Was begeistert Christian und mich gleichermaßen? Das Szenario ist es bei mir jedenfalls nicht, mit riesigen Fantasy-Magie-Golems konnte ich noch nie was anfangen… Nein, die Begeisterung kommt von der konsequenten Vermischung aus digitaler App und plastischem Brettspiel! Denn gespielt wird „Golem Arcana“ mit Hilfe eines Stiftes, der für technikfremde Menschen wie mich schon ein wenig magisch anmutet. Mit dem klickt man dann Figuren, Karten oder das Spielfeld an, um auf dem Smartphone/Tablet-Bildschirm nicht nur sofort alle notwenigen Infos zu lesen, sondern auch alle erlaubten Aktionen zu sehen. Die App ist sozusagen das Regelbuch, das einen an die Hand nimmt… Lästiges Nachschlagen im Index nach der Sonderregel für Zauber XYZ oder die modifizierten Deckungswerte von Golem ABC entfallen, weil die App einfach alles kontextsensitiv anzeigt. Man kann einfach losspielen und muss sich außer über die eigene Taktik einfach über absolut gar nichts Gedanken machen! Man muss sich NIE über Regeln streiten, denn die App hat immer Recht (außer bei 2 kleinen Bugs, die uns aufgefallen sind, aber die werden sicher bald gepatcht). Einfach perfekt, um auch jüngere oder gänzlich Miniaturenspiel-unbedarfte Personen wie die beste Freundin oder die Schwiegereltern innerhalb von Minuten losspielen zu lassen! Wie aber kann man sich nun das Spiel mit diesem „magischen“ Stift vorstellen? Will ich beispielsweise eine Figur bewegen, klicke ich auf die Base der gewünschten Figur (alternativ kann man auch immer Symbole auf der beiliegenden Einheitenkarte anklicken, was auch wesentlich komfortabler ist, wenn auch „unmagischer“ ;) ) und sofort zeigt mir die App an, ob ich mir die Bewegung mit meinen Aktionspunkten leisten kann und wenn ja, wohin die Figur alles laufen kann. Dann tippe ich mit dem Stift auf das entsprechende Zielfeld, die verschiebe die Figur dorthin und sehe in der App, wie teuer die gleiche Aktion diese Runde nun wäre (nämlich doppelt so teuer) und ob ich auf dem Feld irgendeinen Effekt auslöse (z.B. mehr Deckung, Manaquelle erobert). Oder wenn ich eine Einheit angreifen will, tippe ich mit dem Stift den gewünschten Angriff und dann mein Ziel an, schaue mit die Erfolgschance inklusive aller Modifikatoren an und lasse dann den Angriff auswürfeln (alternativ kann man auch richtig würfeln und das Ergebnis dann eintragen). Die entsprechenden Schadenspunkte werden automatisch dem Ziel abgezogen und durch die App behält man dann auch immer den Überblick, wer wie viel Schaden hat. Insgesamt haben Christian und ich 4 Matches mit insgesamt 3 verschiedenen Szenarios gegeneinander gezockt. Gelernt habe ich dabei die Grundregeln und das Spiel mit dem „magischen“ Stift innerhalb von vielleicht 5 Minuten, den Rest hat mir die App während des Spiel beigebracht. Entgegen meiner ersten Vermutung waren selbst die Spiele mit so wenigen Figuren (beim Tabletop würde man wohl „Skirmish“-Niveau dazu sagen?) auf 500 Punkten taktischer als erwartet und mit einigen fiesen, taktischen Winkelzügen hat dann jeder von uns 2 Spiele gewonnen. Gebraucht haben wir jeweils zwischen 20 und 45 Minuten. Mit epischen 2000 Punkte-Schlachten wird es also vermutlich noch viel taktischer, viel epischer und sehr viel länger werden :-D Die gut modulierten Figuren kommen übrigens bereits vorbemalt – Das Niveau schwankt je nach Figur dabei zwischen wirklich gut und meinem Bemal-Niveau (also ziemlich einfach und unsauber). Ich bin vom dem Spiel jedenfalls sehr begeistert und hoffe, dass es bald auch in Deutschland regulär erwerbbar ist. Aber um zurück zur Überschrift zu kommen: Ist es die Zukunft des Nerd-Hobbies? Ja und nein! Ja, weil es die Einstiegshürden senkt und man so mal schnell einen Fremden das Hobby Miniaturenspiel näherbringen kann. Mit etwas Glück gewinnt man so einige neue Spieler, auch für andere Systeme, hinzu. Vergleichbar etwa mit dem „X-Wing Miniaturenspiel“, was auch so einfach war dass es selbst meine Freundin geschafft hat mich in ihrem ersten Spiel plattzumachen ;) und das vielen Neuspielern das bisher unbekannte Hobby Miniaturenspiel schmackhaft gemacht hat. Nein, weil das Golem-Szenario dann doch nicht sooo zugkräftig ist und der Kauf über die Einstiegsbox hinaus eher hochpreisig ist - Ein Seitenhieb muss sein: Immer noch billiger als GW :D Dieser Artikel schreit doch geradezu nach einem Link zum Spiel: http://golemarcana.com/ (Link)