Dornröschen ist auch eine dieser Märchenfiguren, die schon hunderte Mal in Literatur, Filmen und eben auch Comics auf die verschiedenste Art und Weise neu interpretiert wurden – Selbst im „Splitter Verlag“, der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, ist dieser hier besprochene Comic aus der durchaus beachtenswerten „Mythen der Welt“-Reihe bereits die dritte Inkarnation des weltberühmten Stoffs. Na mal schauen, wie sehr mir „das Original“ so gefällt.
 

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Wobei „das Original“ jetzt bewusst in Anführungszeichen gesetzt ist, denn wie die allermeisten Märchen gibt es verschiedenste ganz unterschiedliche Geschichten, die irgendwann (oft, aber nur, durch die Gebrüder Grimm oder - schlimmer noch - durch Disney-Verkitschung) in ihre nun bekannte Form zurechtgestutzt wurden. Aber zum Glück haben wir ja den französischen Ex-Bildungsminister Luc Ferry, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, uns mit den „echten“ Märchen zu begeistern. Und dies gelingt ihm, auch dank der tollen Zeichnungen von Gianenrico Bonacorsi und der liebevollen Adaption von Clotilde Bruneau überraschend gut.
 

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Worum es in Dornröschen „eigentlich“ geht, muss man gar nicht groß ausbreiten. Eine verfluchte Prinzessin, eine fiese Spindel, schon gibt es 100 Jahre Schlaf, bis ein heldenhafter Prinz die Schlafende mutmaßlich nicht ganz einvernehmlich wachküsst. Oder sie stattdessen gleich vergewaltigt, denn den zwei hier präsentierten Originalmärchen (wen es interessiert, auf Wikipedia gibt es noch mehr Original-Varianten, eine schlimmer als die andere) geht jede Leichtigkeit ab. Oder es gibt tatsächlich die große Liebe, die aber geheim bleiben muss, weil die Schwiegermutter mit Vorliebe kleine Babys frisst – Wer dachte, dass die Gebrüder Grimm schon eine Ausgeburt der schwarzen Pädagogik-Hölle präsentieren, hat die Rechnung nicht mit den mittelalterlichen Originalstoffen gemacht ;-) Glücklicherweise wird man mit diesen verstörenden, wenn auch hübsch gezeichneten Geschichten nicht allein gelassen, denn am Ende gibt es eine sehr lesenswerte Einordnung zur Dornröschen-Historie. Gerade diese macht diesen durch und durch lesenswerten Comic noch einmal ein ganzes Stückchen lesenswerter.
 

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Fazit: Zugegebenermaßen ist „Mythen der Welt: Dornröschen“ (Link) ein wenig verstörend, nichtsdestotrotz sollte man sich diesen Comic als Märchen-Fan unbedingt zu Gemüte führen.

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