Die Feedback-Umfrage des Podcasts ist ausgewertet, und ohne dass ich jetzt die Anfang 2026 erscheinende Auswertungsepisode spoilere, kann ich schon mal verraten, dass die Entwicklung von Welten & Settings auf eurer Wunschliste ganz weit oben stand. Wie passend also, dass mir „Obscurati Publishing“ ein Exemplar von „Mythos Country“ zukommen lies, welches sich eben genau mit der Erschaffung eines cthuluiden Settings beschäftigt.
 

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Interessanterweise wurde das 36 Seiten dünne A5-Heftchen im Querformat übrigens von André Frenzer geschrieben – Wohl dem Cthulhu-Rollenspielblogger hierzulande. Fachlich sollte hier also alles stimmen (da hab ich persönlich ja keine Ahnung von, aber die einleitenden Worte zum Cthulhu-Autor H.P. Lovecraft und dem Mythos allgemein klingen trotz ihrer Knappheit schon sehr kompetent), also gehen wir mal direkt an die Spielmechaniken: „Mythos Country“ ist ein Erzählspiel, bei dem man gemeinsam ein cthuluides Setting mit verschiedenen Mythos-Wesen und Machtgruppen/Kulten sowie einer epischen Hintergrundgeschichte erschafft. Theoretisch kann man es auch alleine spielen, um für eine FHTAGN-Runde eine eigene Welt zu erschaffen, aber der spielerische Reiz ist in einer Gruppe natürlich größer ;-) Wie bei den meisten Erzählspielen üblich benötigt man auch hier relativ wenig Spielmaterial: Stifte, Zettelchen/Karteikarten & ein Kartenspiel – Schon kann man sich durch die Dreiakt-Geschichte durchspielen.

Im ersten Akt erschafft man quasi die Welt. Eine handelsübliche Landkarte (oder die beigelegte, doppelseitige A3-Karte) ist der Ort, an dem man den Aufstieg und Niedergang vormenschlicher Zivilisationen begleitet. Dabei trägt man auf der Landkarte je nach Verlauf der Geschichte verschiedene Örtlichkeiten ein, etwa Städte, Ressourcen & Bauwerke – Hier erinnerte mich das Spielprinzip ein wenig an den Erzählspiel-Klassiker „Ein ruhiges Jahr“ (Link). Durch das Ziehen von Spielkarten wird die Historie voran getrieben, wobei rote Karten für negative Ereignisse (z.B. einen verlorenen Krieg oder ein fehlgeschlagenes Ritual) und schwarze Karten für positive Ereignisse (z.B. der Bau einer neuen Siedlung oder die Entdeckung einer neuen Ressource) stehen. Nach drei schlechten Ereignissen geht die Zivilisation dann den Bach runter, wobei sie dafür aber für jedes positive Ereignis ein Relikt (z.B. eine Waffe, ein Grab oder ein Portal) hinterlässt, welches auch wieder auf der Landkarte eingetragen wird.

Der zweite Akt ist spielerisch gleich, nur dass es in die jüngere Vergangenheit geht, in welcher Kulte, Geheimgesellschaften und Hexenzirkel sowie einige Mythos-Wesen wie Mi-Go ihr Unwesen treiben. Auch hier geht es manchmal aufwärts und definitiv abwärts, wobei der Autor dazu anregt, dass man auch historische Ereignisse mit dem Spielgeschehen verquickt. Statt Relikte gibt es nun Zeugnisse der Vergangenheit, aber die werden erst im dritten Akt wichtig – Und was für eine Überleitung, denn damit kommen wir zum großen Finale, welches in der Gegenwart verortet ist. Hier geht es um Einzelpersonen oder Interessengruppen (ja, sogar die berühmt-berüchtigten Investigatoren!), für die nur eine Spielkarte gezogen wird, um zu schauen, wie es ihnen so geht. Wobei eine positive, also schwarze Karte ein Rückverweis auf ein Relikt oder ein Zeugnis ist. Und dann ist der Spieleabend auch schon vorbei, dafür hat man aber nun spielerisch ein spielfertiges Abenteuerszenario erschaffen, welches mehr als genug Anknüpfungspunkte enthält, damit kreative Spielleitungen sich richtig austoben können ;-) 

Ich will nicht lügen, so hundertprozentig als Spiel kann ich mir „Mythos Country“ nicht vorstellen. Aber ich bin ja auch kein Erzählspieler, dafür ist meine Podcast-Partnerin Elea zuständig. Zum gemeinsamen Erschaffen einer Spielwelt ist dieses Büchlein aber ganz phantastisch geeignet! Dabei ist es verständlich genug geschrieben und auch strukturiert, dass man es vor der ersten Szenario-Erschaffung nur ein- oder zweimal durchlesen muss, bevor man direkt loslegt. Einige wenige Unklarheiten blieben (u.a. wird im Spielbeispiel gewürfelt, keine Ahnung wo der Würfel jetzt herkam?) und die mitgelieferte Landkarte ist mir persönlich zu vollgequetscht (wenn da schon Städte, Straße etc. drin sind, was/warum soll ich denn da noch reinmalen?), aber das sind eigentlich auch schon meine größten Kritikpunkte. Für weniger als 15 € (oder weniger als 8 € in der Digital-Version) geht dieses Erzählspiel bzw. dieser Szenario-Erschaffer völlig in Ordnung. 
 

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Fazit: „Mythos Country“ (Link) ist ein interessantes Erzählspiel für Cthulhu-Fans, welches besonders für Spielleitungen interessant ist, die ein eigenes Mythos-Szenario erschaffen wollen.