Würde man mich nachts um drei aus dem Tiefschlaf reißen, um zu fragen, welches die beste SciFi-TV-Serie des letzten Jahrzehnts war, käme wie aus der Pistole geschossen „The Expanse“! 6 Staffeln Hard-SciFi nah an der Perfektion – Nur wenige TV- & Streamingserien bringen mich so sehr ins Schwärmen wie diese Romanverfilmung :-D Bei der großen Anzahl auch namhafter Fans, welche die Serie um sich scharen konnte (sie schafften es u.a. mit einer Petition, dass Amazon die eigentlich nach der 3. Staffel abgesetzte Serie von Syfy übernimmt), ist der Mangel an deutschsprachigen Comics eigentlich verwunderlich – Wobei es selbst auf englisch nur eine Hand voll Mini-Serien gibt. Schade eigentlich, denn das Universum gibt ja so viel her... Aber jetzt war „Panini Comics“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) dann doch so mutig und beschenkt uns mit dem Sammelband „Der Ursprung“. In jedem der fünf Kapitel beziehungsweise US-Einzelhefte wird ein Schlüsselmoment in der Charakterentwicklung einer jeden Hauptfigur gezeigt, was sie teils deutlich komplexer werden lässt – Zumindest für die Fans der TV-Serie, welche trotz einem Umfang von 62 Folgen natürlich nie die Komplexität der neunteiligen Romanreihe erreicht, welche auch noch mit sechs Novellen und ein paar Kurzgeschichten vertieft wurde:
1. In der Auftaktgeschichte widersetzt sich James Holden während seinem Militärdienst nicht nur einem Befehl, er greift auch noch seinen vorgesetzten Offizier an. Die Karriere ist damit vorbei, aber er beweist die Führungsqualitäten, die er später in der TV-Serie immer wieder zeigen wird. 2. Die Geschichte der Ingenieurin Naomi Nagata ist untrennbar verbunden mit ihrem „Sidekick“ Amos, denn beide fliehen vor ihrer Vergangenheit. Klar, dass sie das irgendwann zusammenschweißt... 3. Alex Kamal gibt seine Karriere als Mars-Marinepilot auf, um ein konservatives, gutbürgerliches Leben mit seiner Frau zu beginnen. Doch nicht alles läuft nach Plan, sodass er sich letztlich entscheiden muss, ob er seinem Traum folgt oder den gesellschaftlichen Erwartungen. 4. Der psychisch angeknackteste Protagonist der Romanreihe, in einem Universum voller psychisch angeknackster Haupt- & Nebenfiguren, ist der schweigsame Amos Burton. In dieser Kurzgeschichte geht es tief hinein in seine geschundene Seele... 5. Zuletzt hat Josephus Miller seinen großen Auftritt, als er versucht, einen Verbrecherboss dank eines Spitzels dranzukriegen. Aber der Weltraum ist unerbittlich, und so muss er einsehen, dass er nicht mehr das Gute im Menschen suchen sollte.
Bei Begleitmedien, etwa eben jetzt dem Comic zur TV-Serie, muss man sich natürlich immer folgende Frage stellen: Braucht es das jetzt wirklich? ...und ich weiß darauf keine richtige Antwort :-P Also klar, ich bin ein riesiger „The Expanse“-Fan, ich freue mich natürlich immer über neues Material. Aber brauche ich diesen Comic wirklich? Oder vielleicht anders formuliert, lerne ich die Figuren durch diesen Comic besser kennen? Und die ehrliche Antwort ist das allseits beliebte „Kommt drauf an“ ;-) James, der ja auch in der TV-Serie der langweiligste Protagonist ist, wird noch viel mehr als der Superduper-Saubermann dargestellt. Er wird quasi fast noch langweiliger :-P Das Zusammenschweißen von Naomi und Amos ist dagegen interessant, ebenso die schmerzhafte Entscheidung von Alex. Irgendwie wirken die Figuren damit ein wenig runder, sodass man einige spätere Charakterzüge besser verstehen kann. Teilweise gilt das auch für Josephus, wobei ich hier (da es doch recht kurze Kapitel sind) gar nicht richtig glauben mag, dass der mal weniger verbittert war als in der TV-Serie. Eine wirkliche Bereicherung ist dagegen die Amos-Solostory, welches mit dem Eintauchen in seine verquere Psyche aber auch das ungewöhnlichste und verwirrendste Kapitel dieses 132 Seiten umfassenden Sammelbandes ist. Zumindest als TV-Serien-Zuschauer war mir nämlich nicht klar, was Amos alles durchgemacht hat und wie psychisch kaputt er wirklich ist. Dank dieser Geschichte hat die Figur definitiv an Tiefe gewonnen! Ob nun dieser eine wirklich bereichernde Einblick in die Vergangenheit von Amos sowie die restlichen vier zwischen nett und nützlich schwankenden Kurzgeschichten den Kauf des mit 17 € bepreisten Softcovers rechtfertigen, muss natürlich jede(r) für sich selbst entscheiden. Trotz zudem nur mittelprächtiger Zeichnungen gebe ich diesem Comic aber ein positives... Fazit: Ein Comic-Sammelband für knallharte Fans der TV-Serie, die noch ein wenig mehr von ihren Lieblingsfiguren wissen wollen. Nur eine der fünf Kurzgeschichten lässt einen der beliebtesten Protagonisten dabei in einem neuen Licht erscheinen, aber nette Fan-Bespaßung bietet „The Expanse: Der Ursprung“ (Link) allemal.
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