Einstiegsregeln, das klingt nach Gratis-PDFs oder dünnen Heftchen, die auf Conventions in irgendwelchen Goodiebags landen. Wonach es nicht klingt? Nach 156 vollgepackte Seiten in DIN-A4! Verkauft sowohl als Hard- als auch als Softcover, bietet „Pro Indie“ hier mit den „Against the Darkmaster“-Einstiegsregeln bereits mehr Spielmaterial, als ihn viele reguläre Grundregelwerke enthalten. Aber bedeutet viel Inhalt auch viel Spaß? „Against the Darkmaster“ ist ein klassisches Fantasy-Rollenspiel, welches sich sowohl spielmechanisch als auch atmosphärisch irgendwo in den 80er Jahren verortet. Man schlägt das „Büchlein“ (welch eine Untertreibung – aber ich will gar nicht wissen, wie dick dann das „normale“ Regelwerk wird ;-)) auf, liest ein paar Texte, und schon hat man richtig Lust ein Abenteuer irgendwo in der Welt von dicken Wälzern wie „Der Herr der Ringe“ und „Erdsee“ oder 80er-Fantasyfilmen wie „Krull“ zu zocken. Aber eh man damit beginnt, steht natürlich die Charaktererschaffung an:
1. Erst werden 50 Punkte auf die sechs Eigenschaften Geschicklichkeit, Intelligenz, Konstitution, Präsenz, Stärke und Weisheit verteilt. Oder, um es noch klassischer zu machen, man erwürfelt sich die Werte einfach. 2. Dann wählt man eines der fünf Völker aus, wobei Zwerge, Halblinge, Menschen, Hochmenschen und Dämmerelfen jeweils eigene Vor- und Nachteile beziehungsweise Volksmodifikationen mitbringen. Bei diesem Arbeitsschritt merkt man erstmals, dass man hier trotz der Dicke des Buches doch nur Einstiegsregeln zur Verfügung hat, denn im Text werden weitere wählbare Völker wie Orks und Trolle thematisiert, die hier gar nicht zur Wahl stehen. 3. Vielleicht sogar noch wichtiger als die Volkszugehörigkeit sind die Kulturen, da sie für bestimmte Fertigkeiten, Zauber und auch die Startausrüstung relevant sind. Sie repräsentieren die bisherigen Lebensbedingungen; wählbar sind Stadt, Tiefe, Adel, Ländlich und Waid. Logisch, dass jemand mit Waid-Kultur ein echter Naturbursche ist, während eine Adelige sehr viel charismatischer und Zauberei-affiner ist. 4. Aber die Vergangenheit ist vorbei, jetzt geht es um die Zukunft in der 80er Jahre Fantasy-Welt ;-) Und was brauchen echte Heldinnen und Helden? Natürlich eine Ausbildung, damit man nicht nur als Landstreicher oder Tagediebin durch die Welt wandert. Vier Berufungen stehen zur Auswahl, nämlich AnimistIn, SchurkIn, KriegerIn & ZaubererIn. 5. Dann bastelt man noch ein wenig an den Fertigkeiten herum, weil es bei „Against the Darkmaster“ regeltechnisch vor allem um Boni & Mali geht, eh man... 6. ...den Figuren noch etwas Vergangenheitstraumata durch die Wahl der Hintergründe gibt :-P 7. Okay, das hab ich etwas flapsig formuliert, tatsächlich fehlen noch ein paar Letzte Handgriffe und man hat einen fertig ausgearbeiteten Charakter, der schon ein bewegtes Leben hinter sich hat. 8. Was fehlt noch? Sinnvolle Motivationen beziehungsweise Leidenschaften, warum man so einen gefährlichen Job eigentlich macht. „Against the Darkmaster“ kennt davon drei Stück, nämlich Antrieb (also ein bestimmtes Ziel wie „Ich hol mir jetzt XYZ!“), Loyalität und Wesen (also so etwas wie „Ich bin halt so, dass ich alle Bösen verhaue!“).
Und damit haben wir gerade mal das erste „Buch“ beziehungsweise Kapitel mit dem klangvollen Titel „Die Gefährten versammeln sich“ hinter uns gebracht ;-) Es folgt „Pfade der Abenteuer“, welches sich um die eigentlichen Regeln dreht. Die sind prinzipiell recht einfach, ein W100-System, bei dem man „Dank“ der vielen Boni auch gern mal die 100 deutlich übertrifft. Tatsächlich hat man mit einer 75+ gerade mal einen Teilerfolg erzielt, mit einer 100+ einen normalen Erfolg und mit unfassbaren 175+ einen herausragenden Erfolg – Na viel Spaß, da mit einem niedrigstufigen Charakter hinzukommen :-P Umgekehrt ist ein Wert von vier oder weniger ein kritischer Fehlschlag, was beim Probespielen dank mancher Mali (z.B. -20 für eine lediglich schwierige Würfelprobe) gar nicht so selten vorkam... Die Regeln an sich sind gar nicht so schwer, wenn man mal ein vergleichbares Rollenspiel ausprobiert hat, kommt man ganz gut klar mir der Aufteilung der Kämpfe in Runden, dem Ausrüstungsmanagement und der Gefährlichkeit von Zaubern. Das ist alles logisch und nachvollziehbar, etwa dass ein Angriff von hinten gefährlicher ist als von vorn und dass ein kritischer Treffer größeres Aua macht als eine kleine Delle im Plattenpanzer... Bei allem 80er-Feeling darf „Against the Darkmaster“ jedoch keineswegs mit irgendwelchen OSR-Leichtgewichten verwechselt werden, hier gibt es vergleichsweise viele Regeln (etwa Waffeneigenschaften, Schadenszustände und natürlich die allgegenwärtigen Wurf-Modifikatoren) und vor allen aber Tabellen zu beachten. Das muss man mögen, aber offensichtlich glaubt „Pro Indie“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) ja daran, dass es eine entsprechende Zielgruppe im deutschsprachigen Raum gibt ;-) Aber ich schweife ab, kommen wir zum dritten Buch „Grimoire“. Das enthält zwölf Zauber, allesamt jeweils in zehn Grade aufgeteilt. Anschließend gibt es noch einen Anhang mit einer ganzen Menge Tabellen (u.a. Spielwerte für Kreaturen und kritische Treffer – detailliert für jede Schadensart aufgeschlüsselt) sowie das Beispielabenteuer „Die Bestie von Weidensee“. Das ist relativ umfangreich und lässt die Spielenden in einem leicht nordisch angehauchten Setting unter Zeitdruck auf Mörderjagd gehen. Beziehungsweise, erst scheint es ein klassischer „Böses Monster klaut Schafe“-Plot zu sein, aber dann steckt da noch wesentlich mehr dahinter... So richtig warm geworden bin ich mit „Die Bestie von Weidensee“ nicht, irgendwie hab ich das Gefühl, hier hat man sich eine größere Geschichte ausgedacht und dann gab es keinen Platz mehr...Etwas wärmer wurde ich jedoch mit den „Against the Darkmaster“-Einstiegsregeln. Denn nach der Lektüre der 156 Seiten (wobei ich ein paar Stellen zugegebenermaßen nur quergelesen habe, dafür hab ich das Spiel aber auch mal angezockt) bekam ich einen guten Eindruck davon, was mir „Against the Darkmaster“ liefern will beziehungsweise in der Vollversion vermutlich wird. Dabei muss ich zugeben, dass ich mir nicht sicher bin, ob für diese Art des Rollenspielregelwerks eine Lücke in meinem Herzen existiert – Es ist viel komplexer als all der ganze OSR-Kram, aber dann doch nicht so ausgefeilt & knallhart taktisch wie etwa „Pathfinder“ mit Miniaturen & Battlemap. Fazit: Die Einstiegsregeln für „Against the Darkmaster“ (Link) sind ein sehr umfangreiches Versprechen auf ein Rollenspiel der alten Schule, welches das Fantasy-Feeling der 80er Jahre wiederauferstehen lässt. So ganz mein Fall war es zwar nicht, aber einige Spielideen haben mir dann doch gut gefallen, sodass ich auf das Beste hoffe :-)