73 % – So voll waren heute unsere nationalen Gasspeicher, obwohl Russland kein Gas mehr liefert. Warum das für diese Rezension wichtig ist? Weil Fred Duval, der Comic-Autor mit einer erschreckenden Treffergenauigkeit für dystopische Zukunftsszenarien, ausnahmsweise mal mit seinem Schreckensszenario daneben lag. Denn während Europa und damit auch Deutschland im fiktiven Jahr 2057 wegen der lückenhaften Energieversorgung am Abgrund steht, weil rebellische Mutanten im Sibirien wüten, sind wir in der realen Gegenwart ziemlich gut versorgt – Auch wenn sich unser Bundeswirtschaftsminister dafür mit ein paar Schurkenstaaten anbandeln musste. Trotzdem schließe ich mich einfach mal dem Twitter-Candystorm an und sage #DankeHabeck :-)
  
Und jetzt fragt sich der geneigte Comic-Fan bestimmt, was denn dieses hochpolitische bla, bla, bla in einer Comic-Rezension zu suchen hat? Eine ganze Menge! Denn immerhin geht es hier um den neusten „Carmen Mc Callum“-Comic von Fred Duval, der – wenn er nicht gerade irgendetwas mit WildWest-Thematik oder Literatur-Adaption macht – seine actiongeladenen Cyberpunk-Dystopien mit allerlei politischen Themen füllt. Was ja auch kein Wunder ist, denn (Comic-)Kunst ist ja immer politisch, aber das Cyberpunk-Genre an sich ist ja per definitionem ein Leuchtfeuer des politischen Eskapismus. Aber genug Rechtfertigung für den Einleitungstext, kommen wir mal zum eigentlichen Comic: Die ebenso tödliche wie attraktive Söldnerin Carmen Mc Callum lässt es nach zahlreichen Weltenrettungen mal etwas ruhiger angehen und heuert beim Großkonzern Gazdrom an, dessen neue Chefin kein ganz so schlimmer Mensch ist, wie man es ansonsten von der Chefin eines Großkonzerns für die fossile Energieversorgung erwarten würde ;-) Leider sind Gazdrom in Sibirien, welches von aufständischen Tiermutanten terrorisiert wird, drei wichtige Mitarbeiter abhanden gekommen. Und Gas wird auch nicht mehr geliefert, was sowohl für Gazdrom als auch ganz Europa ziemlich doof ist... Also muss Carmen ran, denn die stellt sich einfach mal kompetenter an als eine eilig herbeigerufene europäische Invasionsarmee :-P Wobei sie aber auch besonders motiviert ist, denn 1. hat sie es mit der verbesserten Version eines alten Feindes zu und 2. hat eben jener auch noch ihren Vater als Geisel genommen! 

 
Jetzt hab ich hier so viel über die politischen Untertöne der Duval-Geschichten geschrieben, dabei ist „Die Tore zur Hölle“ tatsächlich einer der unpolitischten „Carmen Mc Callum“- und, da es im gleichen Universum spielt, „Travis“-Comics seit dem Publikationsbeginn im Jahr 1995! Beziehungsweise seit 2012, denn ab dann publizierte der kleine Augsburger Verlag „Bunte Dimensionen“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) diese insgesamt großartige Reihe in Deutschland! Diesmal geht es wirklich nur um eine Aneinanderreihung von Actionszenen, die sonst so beliebten Intrigen und internationalen Verwicklungen werden auf wenigen Seiten quasi im Vorbeigehen abgehandelt. Das soll jetzt kein Kritikpunkt von mir sein, ein wenig Abwechslung tut der Reihe auch mal gut und außerdem liest sich das ganze Rumgeballer und Rumgeprügel flott weg, aber man sollte halt schon wissen worauf man sich diesmal einlässt... 

 
Fazit: Der 6. Zyklus der „Carmen Mc Callum“-Reihe (Link), ganz besonders nun diesmal „Die Tore zur Hölle“ (Link), verschiebt den erzählerischen Fokus weg von Intrigen & Politik hin zu geradliniger Action. Zweifelsfrei eine nette Abwechslung, aber hoffentlich nordet Fred Duval die Reihe bald wieder ein ;-)

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