Bisher hat der „Mantikore Verlag“ in der deutschsprachigen Nerd-Szene ja das Quasi-Monopol auf großartige Solo-Spielbücher, auch wenn andere Rollenspielverlage wie beispielsweise „Ulisses Spiele“ und „Pegasus Spiele“ zumindest gelegentlich in diesem Marktsegment wildern. Doch seit letztem Jahr gibt es einen neuen Mitbewerber... …nämlich den „Ueberreuter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte). Der ist eigentlich bekannt für Kinderbücher, weswegen auch die meisten seiner Solo-Spielbücher wie etwa „Wächter der Lüfte“ diese Zielgruppe haben, aber mittlerweile hat er auch eine überarbeitete Version des Spielbuch-Klassikers „Der Hexenmeister vom flammenden Berg“ im Portfolio. Also durchaus ambitioniert, aber schauen wir doch mal, ob das überhaupt was taugt ;-)
Im ersten Band der „Zauberakademie Siebenstern“-Reihe verkörpert man den Magie-Nachwuchs, der in die legendäre, titelgebende Zauberakademie Siebenstern aufgenommen wird. Dort lernt man neue Zauber, findet auch neue FreundInnen und macht auch manchmal so jugendlichen Quatsch wie nächtliche Ausflüge; also genau das, was man vom Leben an einer Zauberakademie erwartet. Doch diese Ort des Lernens ist in Gefahr, denn unter der Schule erwacht eine uralte Bedrohung... „Zauberakademie Siebenstern“ erfindet das Rad nicht neu, weder spielerisch noch mit seiner Geschichte. Im Prinzip bekommt man hier ein typisches „Harry Potter“-Abenteuer, bei dem es im Gegensatz zum schlecht gealterten literarischen Vorbild allerdings völlig normal ist, dass allerlei klischeehafte Fantasy-Wesen (welche direkt aus „Dungeons & Dragons“ entsprungen sein könnten) gleichberechtigt miteinander auskommen. Die Zielgruppe, laut Verlagswebseite ab 8 Jahren, sollte hier problemlos in das Szenario hineinfinden und auch nicht groß mit der Handlung überfordert werden, welche einzelne Episoden meist nur über zwei, drei Abschnitte hinzieht und welche eine durchaus auf Kinder ausgerichtete Moral transportiert (wirklich „böse“ oder egoistische Dinge führen nicht zum Erfolg, sondern nur „wir haben uns alle lieb“ – aber hey, ist doch schön, wenn Kindern positive Werte vermittelt werden :-P). Die Spielmechanik ist altbekannt und ziemlich simpel, am Ende der meisten der 130 Abschnitte bekommt man mehrere Auswahlmöglichkeiten. Je nachdem, wie man sich entscheidet, geht die Geschichte dann anders weiter. Zudem können die gelernten Zaubersprüche und zufällig ausgewählte Orakel (blind auf eine Seite voller Symbole tippen) den Handlungsverlauf ändern. Wählt man aber mal einen „falschen“ Abschnitt, ist das Spiel zum Glück noch nicht vorbei, da man zehn Kraftpunkte hat (vergleichbar mit Lebenspunkten in anderen Rollenspielen). Wobei ich behaupten möchte, dass der Schwierigkeitsgrad kindgerecht niedrig ist, sodass die allermeisten Spielenden wohl beim ersten Durchgang ans Ziel kommen, wenn auch mit nur noch wenigen verbliebenen Kraftpunkten. Eine schöne Auflockerung sind auch einige kleine Rätsel, die zumindest Achtjährige durchaus fordern dürften. Fazit: Sind wir ehrlich, „Zauberakademie Siebenstern #1 Bestehst DU das magische Abenteuer?“ (Link) ist ein Solo-Spielbuch für Kinder. Aber für genau diese Zielgruppe ist es wirklich gut! Die irgendwie an „Harry Potter meets D&D“ erinnernde Geschichte ist gefällig, die simple Spielmechanik funktioniert und die optische Aufmachung mit farbenfrohen Zeichnungen ist auch ziemlich nett. Wer Kinder im Grundschulalter hat, dürfte mit dem 160 Seiten starken, 14 € teuren Hardcover jedenfalls nichts falsch machen :-)