Ende September hatten Jörg & ich die große Ehre, im Podcast den Krimispiel-Autor Tobias Kühnlein begrüßen zu dürfen. Der hat während Corona mit seiner Lebensgefährtin Mona Dengler einfach mal mir nichts, dir nichts ein so gutes Krimispiel entwickelt, dass es direkt von einem etablierten Verlag veröffentlicht wurde. Die Kritiken von „Tiefer Fall“ waren auch ganz überwiegend positiv (meine folgt hoffentlich in 2 Wochen, wenn wir bis dahin einen Testtermin zustande bekommen haben), sodass die Erwartungen an den neuen Fall „Feuerfest“ natürlich enorm hoch waren. Auch von mir, denn ich würde lügen, wenn ich nicht behaupten würde, dass Tobias mir im Podcast den Mund wässrig gemacht hat ;-)
 

Feuerfest“ ist erneut ein Regionalkrimi, angesiedelt in einer fiktiven bayrischen Provinzstadt, welche mit all den Problemen zu kämpfen hat, mit denen auch echte bayrische Provinzstädte zu kämpfen haben. Wie macht man das Leben im landwirtschaftlichen geprägten Hinterland attraktiv? Und wie kann die Stadt mehr Geld einnehmen? Genau das sind die Themen, welche aktuell den Wahlkampf prägen. Die Bürgermeisterin, die im Amt bestätigt werden will, setzt auf die Ansiedlung eines großen Einkaufszentrums. Doch die Idee ist nicht unumstritten, müssten dafür doch traditionsreiche landwirtschaftliche Nutzflächen enteignet werden. Logisch, dass da die örtlichen Bauern nebst dem konservativem Gegenkandidaten auf die Barrikaden gehen... Aber wie weit würden sie gehen, um ihre Ziele durchzusetzen?
 

Bild

Denn am Abend des vom Burschenverein organisierten Johannisfeuers verschwindet die Bürgermeisterin wie vom Erdboden. Dafür taucht eine bis zur Unkenntlichkeit verbrannte Leiche auf. Ob es da einen Zusammenhang gibt? Die örtliche Polizei kommt nicht weiter, und wie wir alle aus den inflationären True-Crime-Podcasts wissen, sind die ersten 48 Stunden die wichtigsten, weshalb nun die Spielenden den Fall aufklären sollen. Vier Fragen (eigentlich fünf, aber die letzte wäre ein Spoiler) gilt es zu beantworten:

- Wer ist die tote Person in der abgebrannten Scheune?
- Was verbirgt die Bürgermeisterin?
- Was ist mit der Bürgermeisterin passiert?
- Wo befindet sich die Bürgermeisterin?

Die Beantwortung dieser Fragen erfolgt durch die Sichtung von umfangreichem Beweismaterial (von Autopsieberichten über Zeitungsausschnitten bis hin zu Werbeflyern und Funkzellenauswertungen), dem Besuchen verschiedenster Webseiten und dem Anhören von verschiedenen Gesprächsprotokollen. Gerade letztere sind ein echtes Highlight, denn hier scheut sich Tobias nicht, die ernste Geschichte mit gelegentlichem Humor aufzulockern. Davon abgesehen ist die Spielmechanik aber völlig vergleichbar mit anderen Krimispielen. Man sichtet die Beweise, filtert die relevanten Informationen heraus und zieht daraus dann seine Schlüsse. Beispielsweise muss man der Funkzellenauswertung die eingeloggten Handynummern zuordnen, welche von den jeweiligen Verdächtigen über all die Beweise verteilt veröffentlicht wurden, um hierdurch ein Bewegungsprofil zu erstellen – Und keine Sorge, das war jetzt kein Spoiler, weil man dazu im Spiel sogar aufgefordert wird ;-) 
 

Bild

Der Schwierigkeitsgrad schwankt dabei je nach persönlicher Krimispiel-Erfahrung zwischen moderat und fordernd, ist aber niemals überfordernd, da der komplette Fall absolut nachvollziehbar aufgebaut ist. Bei unserer Testrunde (ich hab ungefähr ein halbes Dutzend solcher Spiele gespielt, meine Mitspielenden weniger) kamen wir in etwas unter zwei Stunden ohne Hilfestellung durch, wobei wir sogar eine Spur komplett ignoriert haben, dann aber am Ende trotzdem richtig lagen, was für den logischen Aufbau des Falls spricht. Letztlich waren wir relativ nah dran an der Höchstpunktzahl :-)
 

Bild

Der Kriminalfall an sich war also gut, aber auch das Spielmaterial hat uns gefallen. Wie schon weiter oben beschrieben, die Tondateien waren toll, aber auch das Druckwerk konnte in den allermeisten Fällen überzeugen. Die Texte waren gut lektoriert und gelayoutet, aber einige Bilder waren etwas zu unscharf. Und, aber das ist Jammern auf hohem Niveau, bei Konkurrenzprodukten gibt es verschiedene Papiersorten. Wobei das halt wirklich ein Luxusproblem ist, gerade wenn man bedenkt, dass Krimispiele für den „Gmeiner Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) nur ein nettes Zubrot sind und nicht das Hauptaugenmerk. Und dafür ist der Preis dann auch völlig human, offiziell werden 19 € veranschlagt, ich hab es aber auch (heute, weniger als einen Monat nach Veröffentlichung) für knapp 16 € gefunden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis passt also, gerade auch, weil man das Spiel weitergeben kann, da das Spielmaterial durchweg intakt bleibt. Daher wundert es nicht, es gibt jetzt ein positives...

Fazit: Ein sehr unterhaltsamer, um die zwei Stunden langer Krimi-Trip in die Abgründe der bayrischen Lokalpolitik! Da die Geschichte sehr nachvollziehbar gestaltet wurde und der Schwierigkeitsgrad generell (je nach Erfahrung) eher moderat ist, ist „Dark Cases: Feuerfest“ (Link) auch gerade für Krimispiel-Neulinge eine echte Empfehlung.