Schon wieder zwei Jahre ist es her, dass ich mich zuletzt in das faszinierende Fantasy-Dörfchen Schnutenbach (Link) wagte. Damals habe ich ja doch ein wenig herumkritisiert und so verlor ich das regelunabhängige Setting aus den Augen... Aber der Autor Karl-Heinz Zapf war weiterhin fleißig, erschien doch im letzten Jahr ein kostenloser Szenario-Band (“Wir bringen euch Frieden“ (Link)) und ein eigenes Regelsystem (“Rabenschnabel“-Schnellstarter (Link)). Und dieses Jahr, ganz unvermittelt, drückte er mir auf der „MantiCon“ sein neustes Druckabenteuer „Der Klang des Untergangs“ in die Hände. Na mal schauen, ob ich wieder so viel herumkritisieren werde... Ein schweres Erdbeben erschüttert Schnutenbach. Viele Gebäude sind eingestürzt, irgendwo brennt es auch, aber letztendlich ist das kleine Fantasy-Dörfchen doch nochmal mit dem Schrecken davon gekommen... Natürlich nicht :-P Denn im Riesenjoch-Gebirge hat sich eine Erdspalte aufgetan, durch welche die degenerierten Magrond, die „Maden der Erde“, in eine alte Dunkelzwergen-Festung gelangen. Dort finden sie eine magische Glocke, mit der sie einige DorfbewohnerInnen in ihre Höhlen hineinschlafwandeln lassen... Zeit für die SpielerInnen, sich in dem regelunabhängigen Setting mal wieder als echte HeldInnen zu beweisen ;-) Das Abenteuer teilt sich grob in zwei Hälften auf: In der ersten Hälfte erlebt man das Erdbeben, bemerkt das Verschwinden der DorfbewohnerInnen und forscht sich einmal quer durch die Wildnis – Eine schöne Mischung aus Sozialspiel und Entdeckung, bei der man quasi nochmal Luft holen kann, bevor es in der zweiten Hälfte hinab in die Tiefen des Riesenjoch-Gebirges geht. Was folgt, sind zwei knallharte Dungeon Crawls, bei dem man sich durch eine eingestürzte Dunkelzwergenfestung und dann ein tückisches Höhlensystem kämpfen muss. Kämpfen ist dabei auch das richtige Stichwort, denn nahezu jeder der ziemlich linear angeordneten Räume enthält eine neue Kampfherausforderung. Von der mutierten Riesenamöbe über Katakombenwölfe und Skelettkrieger bis hin zu mächtigen Magrond-Schamanen wird dabei eine ganze Menge Abwechslung geboten. Die Gegner haben jeweils verschiedene Stärken und Schwächen, sodass man immer neue Vorgehensweisen probieren muss. Erleichtert werden die Kämpfe durch allerlei (magische) Schätze, die man in fast jedem Raum finden kann. Ein typischer Dungeon Crawler halt, der selbst für ein „Schnutenbach“-Abenteuer überraschend düster ausfällt – Selten hat man so deutlich gemerkt, für welches Dark Fantasy-Rollenspiel (Spoiler: „Warhammer“) dieses Universal-Setting eigentlich gedacht war :-) SpielleiterInnen, die sehr gern atmosphärische Beschreibungen in Richtung Horror verwenden, können sich hier so richtig austoben! Der größte Kritikpunkt war in den letzten „Schnutenbach“-Printprodukten (wobei auch andere Druckwerke des „Mantikore Verlags“ dieses Problem hatten) ja der viel zu dunkle Druck. Die eigentlich sehr schönen Zeichnungen wurden ein Stück weit entwertet, weil man sie nicht richtig erkennen konnte, und generell hatte man eher den Eindruck, als hätte jemand die Bücher mit dem alten Kopierer auf der Arbeit ausgedruckt... Darum freut es mich umso mehr, dass ich diesmal ein Lob aussprechen kann: Schwarz ist wirklich schwarz, der Rest ist in deutlichen Farben gedruckt! Moment, Farben? Genau, das ist vielleicht die größte Überraschung in „Der Klang des Untergangs“: Anstatt dem üblichen schwarz-weiß-grau gibt es jetzt bunte Bilder. Diese wurden von einer neuen Illustratorin übrigens sehr solide umgesetzt. Dabei hält sie sich aber weitestgehend an den alten Zeichenstil (gerade bei den Portraits), primär fällt der Unterschied wohl beim Titelbild und bei den Dungeon-Karten auf. Letzteres ist ein wenig ärgerlich, da es keine klassischen Bodenpläne mehr gibt (wobei die auch in den Vorgängern eher Skizzen waren, aber man konnte sich doch sehr gut vorstellen, wie die Räume aufgebaut sind). Stattdessen gibt es ikonische Symbolik, durch die man zwar super einfach versteht, was das für ein Raum sein soll – Wie genau der Raum aber aufgebaut ist (z.B. Größe, Form), muss man erst im Fließtext nachlesen. Persönlich halte ich das für einen Rückschritt :-( Apropos Fließtext: Wie immer wird das Abenteuer in dieser Form präsentiert, immerhin aufgelockert durch allerlei Infoboxen und Einschübe. Dabei sind die atmosphärischen Texte sehr gut und flüssig geschrieben, aber es ist halt nicht so einfach, mal schnell die gerade benötigte Information herauszusuchen. Daher erfordert „Der Klang des Untergangs“, wie alle „Schnutenbach“-Abenteuer, von der Spielleitung erneut eine – gerade für einen Dungeon Crawler – überraschend intensive Einarbeitungs- & Vorbereitungszeit. Aber erfahrene Schnutenbach-SpielleiterInnen kennen das ja schon ;-) Einen kleinen Kritikpunkt zu Layout & Satz hab ich übrigens noch: Eigentlich sind die zentrierten Texte ja sehr übersichtlich, aber an einigen Stellen stehen die Worte so eng beieinander, dass man im ersten Moment glauben könnte, hier wurden in der gesamten Zeile die Leerzeichen vergessen. Das ist jetzt aber wirklich kleinkariert von mir, darum schiebe ich schnell hinterher, dass der Preis von 9,95 € für das 56 Seiten umfassende Abenteuer vollkommen in Ordnung geht. Für läppische 3 € mehr, also 12,95 €, gibt es in naher Zukunft übrigens eine nochmal wesentlich wertiger wirkende Hardcover-Variante. Fazit: Das Fantasy-Dörfchen Schnutenbach war ja noch nie ein Ort der Fröhlichkeit, aber so düster wie in „Der Klang des Untergangs“ (Link) war das regelunabhängige Setting noch nie. Das muss man, ebenso wie das Spielprinzip eines verhältnismäßig linearen Dungeon Crawlers, mögen. Wenn man sich damit aber anfreunden kann, bekommt man ein wirklich gut geschriebenes, sehr atmosphärisches Abenteuer :-D