Jetzt ist es endlich soweit: Eine der schönsten Comic-Liebesgeschichten überhaupt geht mit dem 6. Band in ihr großes Finale. Bei all den Höhen und Tiefen, die Ally und Lisa erleben mussten, war die Spannung natürlich umso größer, wie Autor & Zeichner Stjepan Sejic den emotionalen Bruch der frisch Getrennten wieder kitten würde. Um es kurz zu machen: Er schafft das zwar ziemlich umständlich, aber auch liebevoll und bietet den LeserInnen damit ein würdevolles Finale. Kurze Rekapitulation der bisherigen Bände: Aus sexueller Neugier treffen sich die Nerd-Domina Ally und die erfolglose Schriftstellerin/Kellnerin Lisa zu BDSM-Techtelmechteln, um sich dann während ihrer Vergangenheitsaufarbeitung zu verlieben. Obwohl sie planen, am Ende des 3. Bandes zusammenzuziehen, schaffen sie es einfach nicht sich gegenseitig ihre romantischen Gefühle zu offenbaren, sodass es nach allerlei Kommunikationsproblemen und Eifersuchtsattacken zur lautstarken Trennung kommt. Im 5. Band versuchten die beiden (Ex-)Liebenden unabhängig voneinander mit der neuen Situation klarzukommen, bevor sich Lisa nach allerlei Rumjammern zu einem gewagten Versöhnungsplan entschloss: In fünf erotische Kurzgeschichten wollte sie versteckte Botschaften platzieren, damit Ally wieder zu ihr zurück käme...
 
 
Die Handlung des Finalbandes schließt sich nahtlos an den Vorgängerband an, in welchem Lisa schon die ersten beiden erotischen Kurzgeschichten geschrieben hatte. Zugegeben, mit einigem Erfolg, denn immerhin hat sie die Aufmerksamkeit von Ally wiedergewonnen. Doch nun geht es langsam in Richtung des Finales, in welchem Lisa Ally endlich ihre Liebe offenbaren will – Und dies schriftstellerisch anspruchsvoll in ihre kleinen Sexgeschichten einzubinden fällt ihr unglaublich schwer; immer wieder verwirft sie ihre Storyentwürfe. Erst, nachdem sie zahlreiche Gespräche (u.a. mit ihrem Bruder und einer Kollegin) geführt hat und sich auch ihrer eigenen (Beziehungs-)Vergangenheit stellen kann, findet sie die richtigen Worte... Dieser Finalband fokussiert sich noch einmal primär auf Lisa und ihre Selbsterkenntnis. Das liest sich ganz nett, zieht sich an einigen Stellen aber doch ein wenig, schon weil den aufmerksamen LeserInnen schon lange klar ist, wo eigentlich die Probleme der Protagonistinnen liegen und dass die Liebesgeschichte so viel einfacher mit einem klärenden Gespräch in das wohlverdiente Happy End münden würde. Aber hier wählt Lisa (bzw. der Autor) halt den umständlichen, manchmal möchte man auch schreiben feigen, Weg :-P
 
 
Andererseits, das Leben ist halt manchmal unlogisch und umständlich. Vielleicht gibt gerade dieses Rumeiern und der lange Weg zur Selbsterkenntnis den Figuren genau die Glaubwürdigkeit, welche die „Sonnenstein“-Reihe zu solch einem Meilenstein der Liebesgeschichten-Comics macht. Passend dazu kann ich mich das wiederholen, was ich schon in den Rezensionen ab dem dritten Band geschrieben habe: Das Highlight der Geschichte ist das realistische Beziehungsverhalten der beiden zumeist glaubwürdig und nachvollziehbar charakterisierten Protagonistinnen. Die Sex-Szenen, welche hier wieder nur primär im Kontext von Lisas Kurzgeschichten vorkommen, sind kaum mehr als Eyecandy – Sie schauen sich wie immer sehr schön an, letztendlich treten sie für die an der Liebesgeschichte interessierten LeserInnen aber doch deutlich in den Hintergrund. 

 
Fazit: Auch wenn der finale „Sonnenstein“-Band sich an einigen Stellen etwas zieht, ist er doch ein würdevoller Abschluss für eine der schönsten und glaubwürdigsten Liebesgeschichten, die es im Comic-Bereich aktuell gibt. Da die Trennungsstory zwischen den fünften und sechsten Band abrupt geteilt wird, empfehle ich hier ausdrücklich, diese beiden Bände gemeinsam zu lesen. In dem Fall profitiert „Sonnenstein #6“ (Link) auch von den erzählerischen Qualitäten des fünften Bandes, denn als Einzelband betrachtet ist er gerade dank des Herzschmerz-Finales zwar immer noch gut, aber doch qualitativ deutlich hinter den Bänden 3 – 5. Unabhängig davon, wer bis zum 6. Band durchgehalten hat, wird ihn sich so oder so holen und zahlt auch gern die 25 €, die „Panini Comics“ für ein 128 Seiten starkes Hardcover verlangt.

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